Die andere Seite der Hoffnung

Aki Kaurismäkis Tragikomödie zur Flüchtlingskrise

Lakonischer Humor, minimalistischer Stil. Das sind die typischen Zutaten für Aki Kaurismäki-Filme. Seine Helden sind nicht die »da oben«, sondern die Außenseiter, Verlierer und kleinen Leute, die sich abstrampeln, um über die Runden zu kommen. Und hier ist das erst einmal der syrische Flüchtling Khaled, der auf einem Frachter unter einem Kohlenberg die Fahrt nach Helsinki geschafft hat.

Aber Kaurismäki liefert keinen »pädagogisch wertvollen« Film über die Flüchtlingskrise, sondern über Heimatlose, sei es aus Kriegsgebieten oder im eigenen Land. Zu letzteren zählt auch Herrenhemdenvertreter Wikström (Kaurismäkis Lieblingsdarsteller Sakar Kuosmanen), der seine Klamotten in einen Koffer packt und seiner rauchenden und saufenden Frau mit Lockenwicklern im Haar den Ehering gibt, den die cool im Aschenbecher entsorgt. Mit dem Geld aus einem Pokerspiel kauft er eine Kaschemme mit sehr seltsamen Personal. Als er den inzwischen abgelehnten Asylbewerber aus Aleppo im Hinterhof trifft, hauen sie sich erst einmal die Nase blutig, Beginn einer wunderbaren Freundschaft und einer Schippe Solidarität.

Es menschelt schön in dieser Feelgood-Tragikomödie mit ausgesucht schrägen Typen und der bekannten Portion Melancholie, den tumben Neonazis, die den Fremden ständig bedrohen, bis sie ihn wirklich erwischen und einem Stückchen Utopie. Wie Wikström mit abstrusen und nie erfolgreichen Ideen seine Futterhütte »Zum goldenen Krug« sogar in das schlechteste Sushi-Restaurant wandelt, die Hygiene-Inspektoren hinhält, einen Computer-Nerd für Khaleds falschen Pass anheuert oder eine Rentnerband Rockabilly zum Besten gibt, das ist zwar stilistisch nichts Neues, aber skurril, anrührend und fast märchenhaft, trotz harter Realität.
Margret Köhler

Die andere Seite der Hoffnung Finnland/Deutschland 2017, Regie: Aki Kaurismäki
Mit Sherwan Haji, Sakari Kuosmanen, Ilkka Koivula, Janne Hyytiäinen, Nuppu Koivu
Zu sehen im Programmkino Ost, in der Schauburg, und im Kino in der Fabrik
www.pandorafilm.de