Der Ein-Punkt-Sieg

Warum der Heidenheim-Zähler der wichtigste der Hinrunde sein könnte

Es ist immer so eine Sache, wenn man nach einem Spiel die Erwartungshaltung mit dem eingetretenen Ergebnis abgleicht. Ein Punkt in Heidenheim? Klar. Bestens. Nehmen wir mit. Passt schon. Was aber, wenn es hätte mehr sein können als zuvor vermutet? Muss man sich dann doch irgendwie ärgern? Nein, diesmal nicht.

Halbzeit eins: Keiner will eins fressen

Wenn vorab etwas klar war, dann, dass Dynamo in Heidenheim keine Toregala abfackeln wird, angesichts der starken Defensivkünste der Schwaben. Die Frage war vielmehr, wie sich die eigene Hintermannschaft schlagen wird nach den letzten Auswärtsdesastern. Und, um es kurz zu machen: Sie lieferte eine sehr gute Partie ab, wenn auch heute einmal mehr Fabain Müller hier und da kleine Gründe für Abstriche lieferte. Aber wie allein Florian Ballas seinen Gegner John Verhoek zu schieren Verzweiflung trieb, war aller Ehren wert.

Los ging die Begegnung mit 20 Minuten, die geprägt waren vom mannschaftsübergreifenden Gedanken: Bloß keins fressen. Allerdings nahmen die Gelbhemden diesmal in der Fremde von Anfang das Spiel an und zogen ein starkes Ballbesitzpiel auf. Das Besondere: Es sollte sich bis zum Spielende daran nichts mehr ändern.

Erst in Minute 21 ergab sich eine Möglichkeit für die Gastgeber, als der im Heidenheim-Spiel quasi überall auftauchende Schnatterer Theuerkauf einsetzte, der blank am linken Straufraumeck „vergessen“ wurde. Doch nicht mit unserem Mann aus Córdoba! Wie Rocket Man kam Guiliano Modica über den Rasen geflogen und lenkte den Ball über das Tor. Offensiver Slapstick dann zwei Minuten später vor dem anderen Tor. Marvin Stefaniak zieht eine mustergültige Flanke zentral vor den Kasten, doch dort treffen sich Lumpi und Stefan Kutschke, um einen Mix aus Tänzchen und Ranglei zu zelebrieren, was durch FCH-Keeper Müller beendet wird, indem er sich den Ball fischt. Schade, ich hätte gern gesehen, wie das ausgeht.

Bis zur Pause gibt es dann auf jeder Seite noch eine Chance: Thomalla trifft per Bogenlampe die Latte, wie auch Asoman, dessen geblockter Schuss ebenfalls den Querbalken trifft. Ansonsten kombiniert sich Dynamo über den Rasen, während es Heidenheim oft mit langen Bällen in die Spitze probiert, die meistens im Niemandsland des Stadions landen. Als der Pausenpfiff kommt, muss man sich trotz des Spielstandes keine Sorgen machen.

Halbzeit zwei: Stefaaaaan! Menno!

Die zweite Hälfte beginnt ersteinmal garnicht. Der Grund: gelber Rauch aus dem gelben Block. Das ist zu diesem Zeitpunkt aus mehreren Gründen selten dämlich. Erstens ziehen die Schwaden samt ihrem Gestank über den Platz, was beim tiefen Einatmen, wie es ein Laufsport nunmal mit sich bringt, nicht förderlich ist. Zweitens wird der DFB-Richter das sicher im Hinterkopf haben, wenn es zur Verhandlung um die Bullenkopf-Strafe geht.

Ansonsten geht diese Halbzeit los, wie die erste endete: Dresden hat den Controller für dieses Game fest in der Hand, drückt die richtigen Knöpfe, findet aber nicht final ins Ziel. Zwar hat die Ostalb-Elf in der 52. noch eine Halbchance nach einem Schnatterer-Freistoß, das war es aber dann bis zum Schluss. Denn nun hätte Stefan Kutschke zum Fußballgott werden können. Allein er hat fünf gute Chancen, das erste Tor zu erzielen, aber entweder es fehlen ein paar Milimeter zwischen Ball und Kopf oder das Tor steht ein wenig zu weit rechts. Auch Gogia hat zwei ordentliche Versuche, aber es beschleicht einen frühzeitig das Gefühl, dass es mit den drei Punkten hier nicht klappen wird. Aber auch, dass da wohl hinten kaum etwas anbrennen wird. Denn dort wird jede Angriffsbemühung der FCHler konsequent zuunichte gemacht; Balleroberung, Grätschen, Körpereinsatz und das Abräumen bei Standards stimmen bis zum Schluss.
Und da auch die Einwechslungen von Paco Testroet, Niklas Hauptmann und Niklas Kreuzer nichts gründsätzlich am Geschehen auf dem Platz ändern, erzeugt der Abpfiff, der die Punkteteilung besiegelt, nur ein kurzes Seufzen, aber keinen Grimm.

Denn wenn man es genau betrachtet, war es ein Sieg – ein Sieg für diese Mannschaft an sich. Denn das Spiel hat gezeigt, dass man gegen gut stehende Mannschaften auch auswärts das Spiel machen kann, dass es keinen Grund gibt, als Aufsteiger eine defensivere Taktik spielen zu laasen, als es der Trainer vorgibt. Alle haben in der kürzlichen Talfahrt die Ruhe behalten, auf dem Platz sieht man, was das für Früchte trägt. Und so kann dieser eine Punkt womöglich der wertvollste der ganzen Hinrunde sein, weil die Art und Weise, wie er geholt wurde, die Philosophie des Vereins bestätigt.

Ansonsten: Sensationeller Support der Fans über 90 Minuten, dem leider eine Gelb-Strafe folgen wird. Siehe oben.
Uwe Stuhrberg

FC Heidenheim  vs. Dynamo Dresden
22. Oktober 2016, Anstoß: 13 Uhr
Tore: keine
Dynamo Dresden: Schwäbe, Teixeira, Modica, Balles, F. Müller, Hartmann, Aosman, Lumpi (70. Hauptmann), Gogia (87. Kreuzer), Kutschke, Stefaniak (80. Testroet)
Schiedsrichter: Deniz Aytekin
Zuschauer: 13.200
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