Die Welt auf andere Art buchstabieren

Das Cynetart Festival inszeniert die 20. Auflage

Das Cynetart Festival ist in diesem Jahr eine besonders große Sache. Nicht nur, weil der Medienkunstbegriff erneut auf den Prüfstand gestellt und von unheimlich vielen Seiten angegangen, zersetzt und neu angeordnet wird, sondern auch weil das »international festival for computer based art« 2016 im Zeichen der zwanzigsten Auflage steht.

Ein Umstand, der den anstehenden Festtagen eine geradezu historisierende Komponente verleiht, denn in all den Jahren haben sich natürlich nicht nur die Medien und ihre Instrumente, sondern auch deren Wahrnehmung verändert. Auch die Frage, ob Kunst mit Medien per se schon Medienkunst ist, darf, kann und wird kritisch diskutiert werden.

Die Macher konstatieren in ihrem diesjährigen Manifest dazu Folgendes: »Die Diskurse der kreativen Industrie von heute werden schon morgen überholt sein. Und so sind Künstler, die mit neuen Technologien arbeiten, mit einem immer wieder auftretenden Dilemma konfrontiert. Viele der Arbeiten, die zu ihrer Premiere fesselnd und atemberaubend sind, werden ebenso schnell überholt sein, wie die sie begleitenden Diskurse. Die Grenzen von Technologien zu durchbrechen, anstatt Versprechen und Erwartungen der Industrie anzupreisen, ist ein Weg der Auseinandersetzung mit diesem ästhetischen Dilemma. Handwerk ist ebenso wichtig wie Intuition. Und in diesem Gleichklang entstehen frappierend unheimliche Werke.«

Und von eben jenen frappierend unheimlichen Werken gibt es eine Menge zu sehen. Unter dem Titel »Welcome to the Enigmatic« werden beispielsweise zwei große Namen der Klangkunst, nämlich Maryanne Amacher und Zbigniew Karkowski, eine Laser-Performance und eine Performance mit in Echtzeit vertonten Satelliten inszenieren.

Außerdem dabei: Peder Mannerfelt. Früher bekannt als The Subliminal Kid, hat der schwedische Produzent in der letzten Zeit eine Serie von außergewöhnlichen Arbeiten veröffentlicht, darunter Remixes für Massive Attack. Darüber hinaus gibt es unzählige Ausstellungsobjekte, darunter ausgewählte Arbeiten von Gina Czarnecki, Li Alin, Lu Yang oder Till Nowak.

Nicht fehlen werden auch die Diskussionsrunden, Workshops, Forengespräche und Vorträge. Darunter zum Beispiel einer von Frank Bretschneider, der eine Einführung in die Welt der analogen, modularen Synthesizersysteme mit einer Einführung in die subtraktive Klangsynthese, einer der grundlegenden und klassischen Formen analoger Klangerzeugung, verknüpfen wird.

Und generell sei angemerkt: Mag der Zugang bei manchen Inhalten und Kunstwerken manchmal etwas schwer wirken, eine intensivere Auseinandersetzung lohnt meist immer. Das war es sicher auch, was Dr. Eva-Maria Stange, Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, im Vorwort des Programmheftes zum Ausdruck bringen wollte: »Computergestützte Kunst ist nicht etwa besser als herkömmliche, weil sie ein immer noch neues Genre ist und wie im Spiel noch so viele unbenutzte Wege zu gehen oder zu bahnen hat. Sie ist etwas anderes, mit dessen Hilfe wir dieselbe Welt auf andere Art zu buchstabieren lernen können.«
Thomas Natzschka
 
20. Cynetart
10. bis 16. November, Festspielhaus Hellerau
www.cynetart.org