Ein Kessel Dunkelbuntes

Der „Zirkus des Horrors“ ist zu Gast in Dresden

Vor dem großen Zirkuszelt am Elbepark stehen zwei Menschenschlangen an: Die einen wollen Karten erwerben, die anderen eingelassen werden. Junge Menschen und alte Gruftis, Senioren und Kinder, Jugendliche mit gruseligen T-Shirts und Dicke in Jogginghose – eine überraschende Mischung; das Thema Horror und Zirkus zieht wohl alle an. Im Vorraum der Manege wabern dicke Nebelschwaden und man wird vom Personal schon ein bisschen angegruselt.

Drinnen riecht es dann auch nicht nach Tigerkäfig und Ziegenstall, sondern nach Popcorn und Limonade. Kleine Buden im Vorzelt, wie ein Jahrmarkt, bieten Knabbereien und Getränke. Die Sitzplätze im Inneren sind nummeriert, wer verwirrt guckt, wird zum Stuhl geführt. Knapp 1.000 Gäste finden so Platz, zur Eröffnungsvorstellung, am Freitagabend, ist es fast ausverkauft. Meister des Abends ist der italienische Psycho-Forscher, Professore Salvatore dei Morti, der keinen Zirkus dirigiert, sondern eine Asylum, also eine Klappsmühle leitet. Der Zuschauer (und die Zuschauer_In) erleben nun, wie der Professor seine Patienten, also die Artisten, für Experimente missbraucht und mit Strom oder Mittelchen zu ihren Kunststücken verleitet. Das Ganze ist somit eher eine Varieté-Show als ein Zirkusbesuch, mit internationalen Künstlern und ganz ohne Tiere.

Der Eintrittspreis ist entsprechend kalkuliert, ab 23 Euro gibt es Karten und die Preise für Schlemmereien bewegen sich im normalen Weggeh-Maßstab. Und um das Fazit vorweg zu nehmen: das Geld ist gut angelegt. Am Besten sind natürlich die Plätze ganz nah am Geschehen, aber auch von weiter hinten sieht man gut. Auch wenn es hier und da etwas hinkt, wenn es von der Überleitung der Handlung zum artistischen Auftritt kommt, die Damen und Herren auf der Bühne verstehen ihr Handwerk. Verrückter Tanz, Akrobatik, die jeden Chiropraktiker erschaudern lässt, Jonglage, Kraftelemete und eine große Portion Humor machen den rund zweistündigen Abend kurzweilig. In der zweiten Hälfte wird es wilder, sogar schwerelos, mit der Waschtrommel des Todes (wie ich es mal nennen möchte).

Der große Abschlussbeifall nach der fulminanten Seilshow der asiatischen Künstlergruppe, beendet einen gelungenen, düster-bunten Abend. Wer wahren Horror erleben will, wird nicht auf seine Kosten kommen, dass Programm ist für Kinder ab sechs Jahren (die nicht nur mit Bioholzglötzchen spielen) geeignet. Für die echte Freakshow muss also weiterhin zu Hause Tagesschau und RTL2 geguckt werden.
Norbert Scholz

Zirkus des Horrors
bis zum 23. September, Elbepark
www.zirkusdeshorrors.de