Lumpis Eleven

Dynamo ist in Düsseldorf mit Fortuna im Bunde

Okay, eigentlich stimmt die Unterzeile nicht: Wortspiel siegt eben manchmal über Sinnhaftigkeit. Denn mit Glück hat dieser Dreitoreauswärtssieg nun mal überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil, von einer Machtdemonstration zu sprechen, ist keine Übertreibung, denn diese drei Punkte waren keine Sekunde der 90 Minuten in Gefahr – und das ohne die verletzten Stefaniak und Teixeira. Die Homecoming-Queen Lumpi Lambertz kann also voller Stolz aus der Heimat nach Hause fahren.

Halbzeit eins: Hauptmann blitzt, Gogia zaubert

Kann man denn zum Anpfiff nicht mal in Ruhe einen Kaffee trinken?! Kaum hat man es sich mit seinem Heißgetränk gemütlich gemacht, fährt man schon wieder in die Höhe, um amtlich abzujubeln. Ob es nun 25 oder 27 Sekunden waren, soll mir scheißegal sein, aber dass die Kugel so schnell im Netz zappelt, kann ja keiner ahnen.

Nach Balleroberung landet der Ball am Strafraum bei Stefan Kutschke, und dass dessen Kopf eine Aufgabe hat ist ja bekannt. Er packt also den Ball mit dem Schädel in die Ablage für  - na für wen schon? – Lumpi, der einen lockeren Querpass auf das Zentrum der 16er-Linie spielt, wohin Niklas Hauptmann goldrichtig unterwegs ist. Nach dem Braunschweig-Spiel hat er noch etwas bescheiden beteuert, dass er an seiner Abschlussqualität durchaus arbeiten muss – diese Hausaufgabe hat er offensichtlich erledigt. Denn per Direktschuss – irgendwas zwischen Schlenzen und Reinnageln – lässt der Wuschelkopf Rensing ins Leere fliegen und besiegelt das schnellste Zweiligator der Schwarzgelben.

Die Düsseldorfer waren also schon nach einer Minute deutlich angeknockt, während die Elbestädter am Rhein den Game Controller gaben. Schade nur, dass die herrlich einstudierte kurze Ecke mit Querpass in der 13. Minute pariert wurde, als Akaki Gogia mit Wucht auf das Tor feuerte.

Sieben Minuten später öffnete sich für ihn dann doch der Fußballhimmel. In seiner unnachahmlichen Balleroberungskunst zieht Marco Hartmann seinem Gegenüber an der Mittellinie den Ball von den Füßen und spielt einen kurzen Pass auf Gogia. Und der Midfielder läuft und läuft und läuft und läuft und läuft – kein Düsseldorfer in Sicht. Ach gucke, wie der schmucke Micha vor seinem Tor herumlungert, da könnte man ja mal was probieren. Der Akaki also beschwört kurz seinen Fuß, hebt noch mal kurz den Blick und lässt das Leder aus etwa 20 Metern an den Innenpfosten fliegen, von wo es in den Kasten abtropft. Ein Hauch von Justin liegt über der Szenerie. Eilers who?

Die Rheinländer haben nicht einmal eine Minute Zeit, diesen zweiten Schock zu überwinden, da werden sie schon wieder ausgekontert – doch der sehr agile Startelf-Neuling Berko hämmert aus guter Halbrechtsposition den Ball ans Lattenkreuz. Bis zur Pause ziehen die Gäste nun ihr Game of Ballbesitz durch, D’dorf hat nur eine halbgefährliche Ecke und zwei Fernschüsse. Halftime.

Halbzeit zwei: Schulbuchmäßige Doppelzeitlupe

Die Fortuna will noch mal anrucken, doch was fehlt, ist Fortuna. Denn nur fünf Minuten nach der Spielwiederaufnahme fällt das dritte Tor für die Dynamischen. Und es entspringt dem, was der eingefleischte Fachmann wohl einen „schulbuchmäßigen Konter“ nennt.

Nach Gegner-Ecke landet der Ball bei Niklas Hauptmann, und der Schlaks zieht eine 50-Meter-Bahn durch den Rasen, dass man schon beim Zusehen Schnappatmung bekommt. Jetzt rechts raus auf Erich Berko ... (Na ja, eigentlich sollte er ja Eric heißen. Aber bei der Geburt des kleinen Berko war das verantwortliche Krankenhauspersonal der Meinung, das dem Eric ein H für einen „richtigen“ Namen fehlt, also steht Erich in der Geburtsurkunde. Aussprechen soll man aber trotzdem Eric.) ... Wo waren wir? Ach ja: Der Berko bekommt also den Ball, geht am Strafraumeck mal eben in den D-Zug-Modus, im Schlepptau einen bedauernswerten Gegenspieler, der gerade die Übersicht verliert, gegen wen er überhaupt spielen soll. Und jetzt stellt sich eine Frage: Gibt es eigentlich eine doppelt schnelle Zeitlupe? Wenn ja, dann kommt der Ball in genau dieser Geschwindigkeit von Eric-Erichs Fuß ins Zentrum, wo Kollege Gogia angerauscht kommt. Aber wer jetzt glaubt, der Zauberfuß würde die Kugel humorlos in die Maschen dreschen, der kennt den guten Akaki nicht. Denn der nimmt jetzt die Gemächlichkeit des Balles auf, spaziert an zwei Statisten vorbei und kullert das Ding über die Linie.

Das war es dann im Prinzip. Dynamo nimmt jetzt immer wieder das Tempo raus, konzentriert sich auf die Defensive, will auf jeden Fall zu Null spielen. Dass das gelingt, ist am Ende zum einem dem zuvor quasi arbeitslosen Marvin Schwäbe zu verdanken, andererseits dem „Rest“ der Mannschaft, der sich in jeden Ball schmeißt, der Richtung Dresdner Tor geht.

Ansonsten? Lumpi muss eine Viertelstunde vor Schluss raus und wird vom ganzen Stadion mit Applaus vom Rasen begleitet. Für ihn kommt der begnadigte Aias Aosman, der sich angesichts der Hauptmann-Show wohl Gedanken um seinen Stammplatz machen muss. Kurz vor Schluss bekommt dann noch Marcel Hilßner seine ersten Zweitligaminuten – ein paar mehr hätten es bei diesem Spielstand vielleicht sein können. Und nicht zu vergessen, dass Florian Ballas vom offensichtlich übergegefrusteten Rouwen Hennings den Ellenbogen absichtlich mitten ins Gesicht bekommt. Nasenbluten und Wut sind bei Ballas, nur eine gelbe Karte statt Rot bei Hennings.

Wie geht es weiter? Nach der Länderspielpause kommt Fürth. Wer hätte vor der Saison gedacht, dass Spiele gegen Tabellen-Kellerkinder die wahren Charaktertests sind?
Uwe Stuhrberg

Fortuna Düsseldorf vs. Dynamo Dresden
4. November 2016, Anstoß: 18.30 Uhr
Tore: 0:1 Hauptmann (1.), 0:2 Gogia (26.), 0:3 Gogia (50.)
Dynamo Dresden: Schwäbe, Kreuzer, Modica, Ballas, F. Müller, Hartmann, Lambertz (74. Aosman), Hauptmann (77. Konrad), Gogia, Berko (88. Hilßner), Kutschke
Schiedsrichter: Robert Schröder
Zuschauer: 31.167
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