Review: Das Tingvall Trio bei den Jazztagen Dresden

Doppel-Echo-Preisträger im Theater Meißen

Ra. Eigentlich sind nur der namengebende Pianist Martin Tingvall und die Album- und Songtitel beim Tingvall-Trio skandinavisch. Denn der Schlagzeuger des Tingvall Trios, Jürgen Spiegel ist ebenso wenig Skandinavier wie der kubanische Bassist Omar Rodriguez Calvo. Trotzdem wird diese Gruppe immer wieder gerne unter skandinavischem Jazz rubriziert. Nachdem das Trio im Februar in der Gläsernen Manufaktur mit dem Echo Jazz (Deutschlands begehrtestem Jazz-Musikpreis) in der Kategorie „Ensemble national“ (nix mit skandinavisch!) ausgezeichnet worden war, erhielt es bei dieser Preisverleihung auch noch den Publikums-Echo als Live-Act des Jahres. Grund genug also für SAX, diese beliebte Truppe zusammen mit den Jazztagen Dresden und der ENSO-Jazz-Tour wieder an die Elbe zu holen. ###MORE###

Am vergangenen Samstag war es dann soweit und die drei Jungs jazzten im Theater Meißen, was das Zeug hielt. Eingängige Melodien, fetzige Rhythmen und eine virtuose Beherrschung der Instrumente sorgten beim Publikum immer wieder für Begeisterungsstürme. Ob es die einfühlsame Behandlung des Steinway-Flügels durch Martin Tingvall war, das temperamentvolle Percussion- und Schlagzeugspiel Jürgen Spiegels, der nicht nur seine Truppe immer wieder antrieb, sondern in seinen Solo-Einlagen auch das Auditorium zu einem Zwischenapplaus nach dem anderen bewegte, oder schließlich die meisterhaft Beherrschung des Kontrabasses durch Omar Rodriguez Calvo, egal ob gezupft oder gestrichen oder mit geckoartiger Handspreizung zu quietschenden Tönen bewegt, hier zeigten Könner, daß sie an ihrem Instrument mehr als das Handwerkszeug beherrschten. Das war bereits Meisterklasse. Vor allem aber vermittelten Sie, daß ihnen selbst Spaß machte, was sie da zusammen auf ihren Instrumenten zauberten. Das Trio spielte vor allem Stücke aus dem preisgekrönten Erfolgsalbum „Vägen“, aus „Vattensaga“ und „Norr“. Eines der Stücke hieß übersetzt „Meer“. Und nach „mehr“ verlangte dann auch das Publikum, das die drei Virtuosen erst nach mehreren Zugaben entließ.

Zwei Wermutstropfen waren zum einen die baulich bedingte schlechte Luftzirkulation. Bei vollem Saal ist die Luft schnell verbraucht, was sich zunächst auf der Empore und dann von hinten nach vorn auch auf den Parkettplätzen in Müdigkeit der Besucher auswirkt. Zum anderen ist der Theatersaal auch akustisch  etwas problematisch. Verstärkt wurde das durch kleine technische Probleme des Tonmeisters, der erst für kurze Zeit Störgeräusche auf dem Mikro des Pianisten zuließ und dann zeitweilig den Baß im Verhältnis zu den beiden anderen Instrumenten zu gering aussteuerte, so daß dieser im Gesamtgefüge etwas unterging. Auf den vorderen Plätzen wirkte sich das aber kaum aus, weil hier die Instrumente gleichsam „unplugged“ wahrgenommen werden konnten.

Insgesamt überwog die Begeisterung über einen gelungenen Abend mit großartigen, teilweise mitreißenden Künstlern. Die Jazztage Dresden dauern in diesem Jahr noch bis zum 11. November und bieten jeden Tag an verschiedenen Spielstätten herausragende Künstler und vielversprechende Talente. Abends klingt dann der Tag bei freiem Eintritt in den Artist Sessions aus, die abwechselnd im Swissotel, im Bülow-Palais oder in der Heinrich-Schütz-Residenz stattfinden. Lesen Sie dazu auch unsere Vorschau in SAX.

www.jazztage-dresden.de