Wenn die Fans das Highlight sind

Der Dynamo-Anhang zeigt sich in Fürth als Motivationskunstwerk

Da sitzt man nun vor dem digitalen weißen Blatt und ist so ratlos wie gestern Marvin Schwäbe, wenn er, das Feld vor sich, eine Anspielposition sucht. Was soll geschrieben werden über dieses Spiel, das man nicht schon am letzten Sonntag nach dem Düsseldorf-Match verfasst hat – mit dem Unterschied, dass diesmal auch noch Pech dazu kam. Immerhin sorgte der schwarz-gelbe Block für ein Sahnehäubchen auf einen gebrauchten Abend.

Erste Halbzeit: Viel Nichts und wenig von allem

Eigentlich gehört der Mantel des Schweigens über diese ersten 45 Minuten. War da was? Fürth presst dauerhaft hoch, was dazu führt, dass Dynamo kaum einmal über die Mittelinie kommt, die Heimelf dafür immer mal bis zum gegnerischen Strafraum. Es wird so viel hintenrum gespielt, dass die Greuther nur darauf warten müssen, dass ein Fehler passiert. Ein solcher kommt dann auch in der Gestalt eines Katastrophenpasses von Florian Ballas direkt in den Fuß von Patrick Sontheimer, der aber das verwaiste Tor verfehlt. Überhaupt profitiert Dresden vor allem von den offensiven Schwächen der Franken.

Auf schwarzgelber Seite stehen eine weggefaustete Heise-Flanke und ein Stefaniak-Freistoß direkt in die Arme des Keepers. Ansonsten bestimmen Fehlabspiele, Missverständnisse und offensichtliche Hilflosigkeit das Dresdner Spiel. Man kann es auch undynamisch nennen. Die Hereinnahme von Giuliano Modica für Jannik Müller in die Startelf bringt zwar einen Tick mehr Stabilität auf der linken Seite, mehr aber auch nicht.

Dagegen hatte allein Khaled Narey zweimal in Drei-Minuten-Frist die Möglichkeit für die Führung, weil Philip Heise sich vernaschen lässt, doch Marvin Schwäbe ist wieder der beste Gäste-Mann auf dem Platz – auch wenn seine Abschläge oft beim Gegner oder auch mal im Seitenaus landen. Symptomatisch ist zudem die Szene, als Serdar Dursun zu einem Doppelfallrückzieher ansetzen kann, während die Dynamodefensive in respektvollem Abstand interessiert zusieht, ob das wohl klappen wird. Wird es nicht. Durchschnauf. Pause.

Zweite Halbzeit: Vorn daneben, hinten drin

Modica angeschlagen raus, Jannik Müller dafür drin. Ansonsten das gleiche Bild wie in Halbzeit eins. In der 50. Minute drischt Heise einen Freistoß  ins Toraus. Und man fängt an zu singen: Sag mir, wo die Standardstärke ist, wo ist sie geblie-hie-ben?

Es dauert sage und schreibe 61 Minuten, bis Dynamo Dresden eine erste wirkliche Torgelegenheit bekommt: Akaki Gogia, bis dahin kaum zu sehen, deutet an, wo seine Qualitäten liegen. Über den halben Platz laufend lässt er beherzt mehrere Fürther wie Slalomstangen stehen, sein Abschluss streicht dann aber knapp über das rechte Eck. Direkt danach kommt Niklas Hauptmann für Lumpi, was für etwas mehr Schwung sorgt. Etwas, wohlgemerkt. Derweil schießt Stefaniak einen Freistoß in die fünfte Etage. Es ist zum Verzweifeln.

Es folgen die spielentscheidenen Minuten 73 und 74, die Aias Aosman als Hauptakteur sehen. Erst kann er eine Flanke nicht zur Führung ins Fürther Tor stupsen, dann springt er so unglücklich in eine fränkische Eingabe, dass der Ball von seinem Knie ins eigene Tor prallt. Aber was soll er machen? Denn hier stellt sich natürlich die Frage, wo der zuständige Verteidiger weilte, denn nur dessen Abwesenheit zwingt den 11er zu dieser Einlage. Pleiten, Pech und Pannen in Reinkultur.

Es wird Erich Berko gegen Stefaniak getauscht, doch auch jetzt bleibt ein Sturmlauf gegen die hinten gut organisierten Bayern aus. Fünf Minuten vor Schluss zieht dann Heise aus etwa 20 Meter straff ab, ein Hammer, den Torwart Megyeri nur nach vorn abklatschen kann. Genau dahin kommt Gogia angerauscht, doch während der Torschrei schon die Kehle verlassen will, schießt der doch eigentlich fußballerisch Begnadete aus Nahdistanz drüber. War es das? Ja, leider. Zwar taucht Berko noch einmal vor dem fränkischen Tor auf, doch wird zu Unrecht Abseits gepfiffen. Aus und vorbei.

Fazit: Die teambildende Maßnahme und die Ansprachen des Trainers haben es nicht vermocht, der Mannschaft wieder Leben einzuhauchen. Aber vielleicht konnten die mitgereisten Fans in diese Motiviationslücke zu springen. Denn trotz der zweiten traurigen Rasenvorstellung in Folge holten sie die Mannschaft noch einmal auf den Rasen, als der Rest des Stadions längst verweist war. Es wurde gesungen und gehüpft, dem Team gedankt für „a great Saison gespielt“ (remember Roman Weidenfeller). Das sollte der Mannschaft zu denken geben, sich in die Hirne, Beine und Füße schleichen. Und diese Szene sollte in der Berichterstattung ebensolchen Platz einnehmen wie die unrühmlichen Szenen in Braunschweig. So ist Dynamo eben, das ist Dresden!

Nun also Bochum. Sollten die morgen gegen Braunschweig verlieren, wollen sie sicher gegen Dresden die 40 Punkte erreichen. Da geht es also um etwas.
Uwe Stuhrberg

SpVgg Greuther Fürth vs. SG Dynamo Dresden 21. April 2017, Anstoß: 18.30 Uhr
Tore: 1:0 Aosman (74., Eigentor)
Dynamo Dresden: Schwäbe, Ballas, Modica (45. J. Müller), F. Müller, Heise, Konrad, Lumpi (62. Hauptmann), Aosman, Stefaniak (77. Berko), Gogia, Kutschke
Ohne Einsatz: Wiegers, Kreuzer, Hilßner, Akvarez
Schiedsrichter: Florian Heft
Zuschauer: 10.775
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