Mare of Easttown

Kate Winslet als missmutige Polizistin auf der Suche nach einem Mörder

Kate Winslet hat in den vergangenen Wochen gleich zweifach für Furore gesorgt. Die 45-Jährige ist seit längerem dafür bekannt, dass sie nicht bereit ist, sich etwa mit plastischen Operationen dem Schönheits- und Jugendwahn Hollywoods zu beugen. Inzwischen geht sie noch einen Schritt weiter: In Verträgen lässt sie schriftlich festlegen, dass Fotos von ihr nicht bearbeitet, Gesicht und Körper nicht retuschiert werden dürfen. Und auch vor der Kamera zeigt sie sich stets natürlich, als eine von wenigen Schaupielerinnen ihres Kalibers, die kein Body-Double nutzt. Und so widersprach sie auch vehement, als ihr in einer intimen Szene ihrer aktuellen TV-Serie ein sichtbares »Bäuchlein« nachträglich digital korriegiert werden sollte.

»Mare of Easttown« heißt besagte HBO-Mini-Serie, die ihr gerade jede Menge Zuspruch beschert. Nicht nur aber auch wegen ihrer ungeschönten Erscheinung, weil sie so aussieht, wie viele Frauen in den 40ern eben aussehen, weder elfenschlank noch perfekt gestylt noch gänzlich glattgebügelt. Als Polizeibeamtin Mare muss sie in der Kleinstadt Easttown den Mord an einer jungen Mutter aufklären. Sie selbst ist ebenfalls vom Leben schwer gebeutelt: Ihr erwachsener drogensüchtiger und mit psychischen Problemen beladener Sohn hat sich erst kürzlich das Leben genommen und Mare zieht nun ihren Enkel auf, während dessen ebenfalls drogensüchtige Mutter versucht, ihr das Sorgerecht streitig zu machen. Auch Mares Teenager-Tochter hat mit dem Tod ihres Bruders zu kämpfen, zumal sie es war, die ihn auf dem Dachboden gefunden hat. Und dann ist da noch Mares Mutter, deren bevormundende Art auch keine Hilfe ist. Zudem lauert im Hintergrund noch das seit einem Jahr unaufgeklärte Verschwinden der erwachsenen Tochter einer Freundin von Mare.

So verwundert es nicht, dass die smarte Polizistin missmutig durch das Provinznest stapft, sich mit jedem anlegt, es auch dem neuen wohlwollenden Kollegen, Detective Colin Zabel (Evan Peters, »American Horrer Story«, überraschend ungruselig), nicht gerade leicht macht und sie einer sich anbahnenden Beziehung zu dem Schriftsteller Richard (Guy Pearce) skeptisch gegenübersteht.

Über sieben Folgen kann man Mare dabei zuschauen, wie sie versucht, das Dickicht der Verstickungen um den Mord an der jungen Frau zu durchdringen, was vor allem dadurch erschwert wird, dass in dieser Kleinstadtwelt jeder jeden kennt, alle irgendetwas miteinander zu tun haben und in ihrem Umfeld (fast) alle zum Kreis der Verdächtigen gehören könnten. Die auf Authentizität angelegte erfreulich unaufgeregte Inszenierung, die starken Figuren und natürlich zuallererst das umwerfende Spiel Kate Winslets fesseln über die gesamten sieben Stunden. Schade, dass es hier wohl keine Fortsetzung geben wird.
Angela Stuhrberg

Mare of Easttown USA 2021, Regie: Craig Zobel
Mit Kate Winslet, Julianne Nicholson, Jean Smart, Angourie Rice, Guy Pearce
Miniserie, 7 Folgen auf Sky