Streik

Vom Kampf eines Gewerkschafters gegen die Bosse

Der Originaltitel heißt »En guerre«, soviel wie »Im Krieg«. Für den deutschen Markt war das wohl zu hart, »Streik« klingt doch gleich viel systemkonformer und wie von SPD- und DGB-Hand geschrieben. Im Mittelpunkt steht ein Gewerkschafter, Laurent Amédéo. Aber keiner, der faule Kompromisse eingeht oder mit den Bossen kungelt, sondern einer, der militant ist, die Belegschaft aufwiegelt, Rechte und das Halten von Versprechungen einfordert. Ziemlich schwierig. Die zu einem deutschen Konzern gehörende Firma macht Gewinn, will dennoch im an Industrie armen Südwestfrankreich das Autozulieferwerk schließen, 1.100 Menschen auf die Straße setzen. Obgleich die Mitarbeiter auf Lohn verzichtet haben, um die Arbeitsplätze zu halten. Der mehrmonatige Streik schaukelt sich hoch, die Zufahrten werden blockiert, es kommt zu Übergriffen und Gewalt, die Solidarität wankt, einige nehmen lieber Abfindungen, statt vielleicht mit leeren Händen da zu stehen.

Vincent Lindon, der in Stéphane Brizés »Der Wert des Menschen« einen arbeitslosen Ingenieur spielte, dem Kraft und Wut zum Widerstand fehlen, ist hier das Gegenteil in seinem heiligen Zorn gegen die Gesetze des Marktes und die Lügen derer, die um des Profits willen andere demütigen und ausnutzen. Wieder ist er der einzige Profi-Schauspieler und reißt durch seine intensive Darstellung mit, bis zum rigorosen Finale. Ein anderes Kino, das die Welt wie unter einem Brennglas betrachtet. Filmisch ist »Streik« nicht der innovative Wurf, es wird viel geredet und gestritten. Aber immer ist man mitten drin in der Spannung und der Konfrontation, spürt die Verzweiflung, das Leid, die Hilflosigkeit. Mag der Kampf auch nicht zu gewinnen sein. Wichtig ist, es versucht zu haben. Wie hieß es doch mal so schön in den Sponti-Sprüchen der alten BRD: »Wir haben nichts zu verlieren, außer unserer Angst«.
Margret Köhler

Streik Frankreich 2018, Regie: Stéphane Brizé
Mit Vincent Lindon, Mélanie Rover, Jacques Borderie, David Rey
ab 25. April zu sehen im Thalia (OmU)