Ausflug in den Sächsischen Orient

Das Kuppelrestaurant in der Yenidze mit besonderer Aussicht

Wenn Touristen durch Dresden spazieren und es fallen plötzlich Sätze wie: »Na, die haben ja eine uralte, riesige Moschee«, dann kann der Einheimische meist nur mild schmunzeln. Manch einem der besagten Einheimischen rutscht dann doch erklärend heraus: »Das ist eine ehemalige Zigarettenfabrik.« Aber dann steht die Verwirrung den Gästen der Stadt eh schon dick ins Gesicht geschrieben und der Vorwitzige muss entweder die ganze Sache aufklären oder der Tourist macht sich in einschlägiger Stadtlektüre schlau. Denn eine Moschee ist die Yenidze nie gewesen, eine Zigarettenfabrik ist sie auch schon lange nicht mehr und ganz so alt ist das Gebäude dann doch noch nicht.

Angefangen hat alles mit dem Unternehmer Hugo Zietz, der Zigaretten herstellte und eine neue Fabrikationshalle benötigte. Da im Stadtzentrum jedoch keine als Fabriken erkennbare Gebäude errichtet werden durften - ja, damals gab es noch Richtlinien, um das Stadtbild nicht gänzlich zu zerhackstücken – musste sich Architekt Martin Hammitzsch etwas einfallen lassen. Er lies sich deshalb von orientalischen Bauten anregen und »versteckte« die Rauchwerkstatt in einer Verkleidung, die einer Moschee fast zum Verwechseln ähnelt. Eine große von Weitem sichtbare und mit buntem Gals verzierte Kuppel thront auf dem Dach des nicht eben unscheinbaren Bauwerks, und auch für den damals nötigen Fabrikschornstein hatte Hammitzsch eine passende Idee: Er baute ihn weithin sichtbar, jedoch kaum erkennbar, in Form eines arabischen Minaretts.

Ein Name war auch rasch gefunden, denn für seine Rauchwaren, darunter die berühmten Glimmstängel der Marke »Salem«, importierte Hugo Zietz den Tabak aus der heute in Nordgriechenland liegenden Region um Yenidze. So wurde die 1909 eröffnete »Yenidze« in Dresden nicht nur ein sehenswertes Bauwerk, sondern gleichzeitig auch ein wirksamer Werbeträger für die Zigaretten mit dem orientalischen Namen. Auch wenn der Bau vor hundert Jahren im barockverwöhnten Dresden einen Aufschrei der Entrüstung hervorrief – heute ist der Dresdner schon sehr angetan von seiner »Tabakmoschee«.

Dieser Tage wird in der Yenidze kein Zubehör für den Blauen Dunst mehr hergestellt. Heute beherbergt das aufwändig sanierte Gebäude diverse Büros. In die wundervolle Kuppel jedoch ist der Geist des Orients gänzlich eingezogen. Hier verzaubert die »1001 Märchen GmbH« täglich, außer mittwochs, mit märchenhaften Lesungen, Musik und (Bauch-)Tanz das Publikum.

Genau so märchenhaft ist auf jeden Fall auch ein Besuch des unmittelbar darunter gelegenen Kuppelrestaurants. Zugegeben, im Inneren macht das auf zwei Etagen angelegte Restaurant nicht unbedingt einen unvergesslichen Eindruck – aber die Terrasse … Auf dem weitläufigen Dach der »Yenidze« ist ein Biergarten angelegt worden, von dem man einen unglaublichen Überblick über die Stadt, den Elbhang vom Fernsehturm bis zum Spitzhaus sowie die im Süden angrenzenden Erhebungen um Dresden herum hat. In den Abendstunden, vielleicht kurz vor oder nach einer Veranstaltung in der Märchenkuppel, kann hier selbst dem brummigsten Romantikmuffel ein wenig weich ums Herz werden, wenn man – im Fackelschein sitzend – die Lichter der Altstadt aufleuchten sieht.

Was gibt es Passenderes, als im strahlenden Sonnenschein oder unter dem Sternenhimmel in dieser sagenhaften Atmosphäre einen »Kalifenschmaus« (19,30 Euro) zu verspeisen! Hinter dieser verheißungsvollen Leckerei verbirgt sich eine zart rosa gebratene Lammhüfte, die mit einer knusprigen Meerrettichkruste und zarten Möhren gereicht wird. Auch der »Haremsschmaus« (14,20 Euro) – ein Hähnchenbrustfilet mit Curry-Ingwer-Mango-Chutney und Zucchinigemüse – passt trefflich zum Ambiente. Weitere Gerichte auf der übersichtlichen Karte sind mehr von deftig-klassischer Natur. Da darf der Dresdner Sauerbraten (10,90 Euro) ebenso wenig fehlen wie die Sächsische Kartoffelsuppe (ab 4,50 Euro) oder die obligatorischen Quarkkeulchen mit Apfelmus (5,10 Euro).

Vor einem Besuch der »Yenidze« hat der Ausflugsgott für motorisiert Anreisende jedoch erst einmal die Parkplatzsituation ein wenig trickreich gestaltet. Sicher, man kann das unweit gelegene Parkhaus nutzen, wenn man jedoch den hauseigenen Parkplatz nutzen möchte, dann werden neben der normalen Rechnung noch einmal 50 Cent für einen Parkplatzchip fällig. Aber was sind schon 50 Cent bei einem Ausflug in Dresdens Orient.
K. Racho

Kuppelrestaurant in der Yenidze, Weißeritzstraße 3, 01067 Dresden, Telefon 4905990, täglich 12 bis 23 Uhr
www.kuppelrestaurant.de