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Das Restaurant Amell in Dresden-Trachenberge

Ein kleines – nein, sagen wir es besser so wie es ist – ein winziges Restaurant mit koreanischer Küche hat es uns angetan. Nicht nur, weil dort wirklich fast alles anders als in »herkömmlichen« Restaurants in Dresden ist, sondern weil das Gesamtkonzept begeistert. Es geht um das Restaurant »Amell« im Dresdner Stadtteil Trachenberge. Dort, wo die Hubertusstraße auf die Döbelner Straße trifft, liegt fast ein wenig versteckt seit dem Frühjahr das kleine Domizil für Fans koreanischer Speisen. Wenn bei Tage nicht die Jalousie vorm Haus einen bunten Akzent im vorwinterlichen Grau setzen würde, könnte man hier nicht unbedingt ein Restaurant vermuten. Von außen blicken wir auf zwei kleine Räume – der eine ein Gastraum, im anderen scheint gekocht zu werden. Immerhin sind hinter, vor und über einem großen Herd mannigfaltige Koch- und Würz-Utensilien aufgereiht.

Aber treten wir erst einmal ein. Und schon erwartet uns die nächste Überraschung: Hier bitte ohne Straßenschuhe! Alle Eintretenden werden gebeten, das eigene Schuhwerk gegen eines der zahlreich aufgereihten Pantoffelpaare zu tauschen. Ungewöhnlich, aber den koreanischen Sitten angepasst und, wie sich später herausstellt, sehr bequem beschuht, suchen wir unseren Tisch. Die Auswahl fällt nicht schwer, da die Anzahl der Sitzplätze mehr als begrenzt ist. Insgesamt finden im »Amell« nämlich nur sage und schreibe 14 Gäste Platz. Kein Wunder, dass eine vorherige Reservierung unumgänglich ist, will man nicht freundlich, aber nachdrücklich wieder weggeschickt werden.

Amtssprache im Mini-Restaurant ist übrigens Englisch, es sei denn, hier sollen die eigenen Koreanisch-Kenntnisse wieder aufgefrischt werden. Aber die koreanische Hausherrin versteht auch deutsche Anfragen und hilft gern durch das vielfältige Angebot. Und dieses ist kurz gesagt großartig.

Es gibt verschiedene Gerichte, deren Basis eine gut abgeschmeckte Suppe bildet. Mit Reis oder Süßkartoffelnudeln als Einlage und mit Reis-, Fleisch-, Tofu- oder Fischküchlein dekoriert, ist jede dieser Speisen ein Schmaus für Auge und Magen. Schon die Vorspeise mundet hervorragend. Ein dekorativ angerichteter Schwarm gedämpfter und angebratener Teigtaschen (Gun Mandu), die es einst nur am koreanischen Königshof gab, stimmt sonnig. Dazu empfiehlt die kurz angebundene, aber freundliche Chefin erwärmenden Maulbeerblättertee oder das sehr erfrischende Misutgaru. Das traditionelle Getränk ist eine Mischung aus bis zu zehn verschiedenen Körnern. Zu den angerösteten Zutaten gehören Gers­te, diverse Reisarten, Sojabohnen, Mais, Hirse und Sesam. Misu ist ein Durstlöscher, reich an Proteinen, Vitaminen, sättigend und schmeckt himmlisch.

Während der Vorspeise klappern in der Küche schon die Töpfe und Pfannen. Ganz klar, dass selbst bei Vollhaus mit 14 Gästen die Betreiberin gut zu tun hat. Immerhin stemmt sie alle Abläufe allein. Begrüßung, Platzierung, Aufnahme der Bestellung, Zubereitung der Speisen, Servieren, Beraten, Abräumen, Kassieren – alles erledigt sie souverän, ruhig konzentriert und letztendlich in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Denn lange müssen wir nicht warten, dann kommt auch schon der vielfältige Hauptgang.

In der koreanischen Küche gibt es kaum ein Gericht, das ohne Kimchi serviert wird. Im »Amell« schmeckt dieser Mix aus verschiedenen fermentierten Gemüsesorten ganz ausgezeichnet und passt nicht nur zum hausgemachten Sushi, sondern auch vorzüglich zu den zahlreichen Suppengerichten, wie beispielsweise Kimchi Janchi Guksu, eine Brühe mit Seetang, Fischkuchen, Nudeln, Ei und fein geschnittenem Gemüse. Eine Augen- und Gaumenfreude, die in Korea nicht zu Unrecht »janchi«, also »Bankett« genannt und als Essen zu besonderen Anlässen gereicht wird.

Zu allen angebotenen Gerichten finden sich in der Speisekarte viele wissenswerte Details. Neben Informationen zu Zubereitung und Zutaten gibt es so auch den einen oder anderen geschichtlichen oder regionalen Bezug. Der Blick über den Tellerrand wird hier jedem Gast leicht gemacht und ein Besuch ist wie eine entspannte Reise in eine andere Kultur. Durch die räumliche Begrenzung fühlt man sich im »Amell« fast ein wenig, als wäre man bei Bekannten oder Freunden zum Essen eingeladen. Und der auf die Wand des Gastraumes gemalte Leitspruch des Mini-Restaurants bewahrheitet sich auf jeden Fall: Ein gutes Essen ist Balsam für die Seele.
F. Lodhäst

Amell Döbelner Straße 88, 01129 Dresden
Montag bis Donnerstag 12 bis 15 Uhr und 17 bis 20.30 Uhr, Freitag und Sonnabend 12 bis 15 und 17 bis 21 Uhr,
www.instagram.com/amellkueche