Den Horror bezwungen

Am 11. Oktober in der GrooveStation: Beranger

Die Extreme – von der wildesten Leidenschaft bis zum schmerzvollsten Erstickungstod – prägen die epischen Strukturen, aus denen der einzigartige Sound von Beranger geschmiedet ist. In wahnwitzigen Arrangements taucht das Duo, bestehend aus einem klassischen Pianisten und einem Drummer, seine Zuhörer in Eisbäder oder lässt sie in Feuer aufgehen. Für einige Fans europäischer Straßenmusik sind die beiden deshalb bereits eine Legende: Der Australier Todd James und der Franzose Beranger Gras trafen sich unter einer Brücke am Alexanderplatz, verliebten sich in den Rhythmus des jeweils anderen – und kämpfen seitdem gemeinsam um die Emotionen und die Energie ihrer stetig wachsenden Zuhörerschaft.

Ein Kampf, der 2020 eine unerwartete Wendung nahm: Kurz nachdem die Band einen Plattenvertrag unterschrieben und Daten für eine erste Deutschland-Tour veröffentlicht hatte, warf die Pandemie das Duo aus der Fahrbahn. Sänger Beranger Gras wurde beinahe wohnungslos, weil kein Vermieter einem Bühnenkünstler unter diesen Umständen zusagen wollte. Und Todd James, der bereits aufgrund eines schweren Verkehrsunfalls als Jugendlicher mit dem Schock einer abrupten Lebensveränderung vertraut war, wähnte die magischen Live-Momente des Berliner Nachtlebens für immer verloren.

Die Verknüpfung von klassischer Musiktradition und progressiver Rockmusik brachte stets Glamour, Drama und Leidenschaft auf die Hauptstadt-Straßen. Damit war das Bandprojekt Beranger auf den Flügeln eines engagierten Spontan-Publikums groß geworden. Nun prallten die beiden auf den Boden einer herausfordernden Realität auf: Erschreckende gesellschaftliche Prozesse, Spannungen innerhalb des Duos, Herzschmerz in der Isolation – Todd James und Beranger Gras bezwangen den Horror der Ungewissheit und verdeutlichten ihre gelegentliche Sprachlosigkeit durch eine ganz eigene, musikalische Form der Kommunikation.

»The Things We Lost …« ist nun ein Opus, das zwischen Bedrückung und Befreiung rangiert: Viele Tonfolgen entfesseln den Körper, während die Textzeilen gleichzeitig gigantische Fallhöhen eröffnen: »Die Lyrics beschäftigen sich mit dem Gefühl von Gefangenschaft und der Sehnsucht nach Erlösung. Auch der Sound wird von dieser Ungeduld angetrieben, er soll rau und echt klingen«, erklärt Todd James. Live gibt es das alles nun endlich auch in den Klubs.

Beranger 11. Oktober, 20 Uhr, GrooveStation, Karten bei SaxTicket und Reservix (print@home)