Eine Insel, eine Utopie, ein Spiegel unserer Zeit

Das »Theaterfest der Generationen« im Zentralwerk

In Anbetracht der politischen Orientierungslosigkeit, die allerorten um sich greift, kann einem die Feierlaune gegenwärtig durchaus auch mal im Halse stecken bleiben. Glücklicherweise gibt es immer wieder Initiativen unterschiedlichster Vereine, die nicht nur den Status quo der Gesellschaft kritisch und visionär beleuchten, sondern gleichermaßen Projekte entwickeln, die einem Verzagen mit unbändiger Lebenslust begegnen.

So auch die Theatercompagnie Freaks und Fremde alias Heiki Ikkola und Sabine Köhler. Sie wurde nun mit dem 2016 erstmalig verliehenen der Förderpreis für Kunst und Demografie »KunstZeitAlter« ausgezeichnet, der vom Sächsischen Kunstministerium in Kooperation mit dem Landesverband Soziokultur Sachsen e.V. und der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung ausgelobt wird. Der Preis widmete sich einem Teilaspekt des demografischen Wandels – dem Alter(n). Erhalten haben Freaks und Fremde den mit 10.000 Euro dotierten Preis für ihr Projekt »Theaterfest der Generationen«. Und so wird vom 21. bis 24. September herzlich eingeladen ins Zentralwerk Dresden-Pieschen zu Theater, Lesung, Diskurs, Tanztee, Musik, Begegnung und Austausch.

Auf dem Gelände vom Zentralwerk wird ein Theaterzelt stehen – quasi als Einladung an Passanten und Flaneure. Und man darf mit Fug und Recht Zirzensisches und Atemberaubendes erwarten – im Theaterzelt steht das im Rampenlicht, was im öffentlichen Diskurs meist unterbelichtet ist: Das Altern, das Vergessen, die Frage danach, wie wir uns verändern, wenn eine Gesellschaft immer älter wird, wie junge und alte Menschen ein Zusammenleben meistern, das für alle bereichernd sein kann. Die Vision des Theaterfestes ist es, einen generations- und kulturübergreifenden Erfahrungsraum zu schaffen. Dabei wird das Programm täglich zwischen den Genres Tanz, Schauspiel, Erzählkunst, Musik- und Puppenspiel wechseln.

Das »Theaterfest der Generationen« richtet sich explizit an Kinder und ihre Familien, an Senioren, an Pflegekräfte und Suchende. Hier haben die Fragen der Jungen ebenso Platz wie die Erinnerungen der Alten, cool trifft auf nachdenklich, gediegen auf verrückt, Anarchie auf Akribie … Eine Insel, eine Utopie, ein Spiegel unserer Zeit.

Das Programm des viertägigen Festes ist dabei abwechslungsreich und breit aufgestellt. Die Sensibilität für die Themen Alter und Vergessen wird auf spielerische, poetisch-berührende Weise in das Publikum weitergetragen. Aufführungen des Theaterstücks »Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor« nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Martin Baltscheit, werden das Fest eröffnen. Heiki Ikkola und Sabine Köhler erzählen hier in eindringlichen Bildern eine Geschichte über das Altern und Vergessen, über Schwierigkeiten und Möglichkeiten im Umgang miteinander, wenn die Erinnerungen versagen und die Welt Kopf steht. Musikalisch bettet Frieder Zimmermann das Geschehen in sehr dichte, bewegende Sphären. Des Weiteren wird es eine Lesung von Arno Geigers Buch »Der alte König in seinem Exil« mit Livemusik von Tobias Herzz Hallbauer geben. In der zutiefst berührenden Geschichte seines Vaters erzählt Arno Geiger von einem Menschen, dessen Vitalität und Klugheit mit der Alzheimerkrankheit nicht verschwinden.

Dirk Neumann wird mit seinem Solo-Abend »Die Känguru-Chroniken« von Marc-Uwe Kling gastieren und ein tiefsinniges und witziges Feuerwerk aus Puppenspiel und Schauspiel präsentieren. Martina Couturier und Heiki Ikkola werden »Ente, Tod und Tulpe« nach dem gleichnamigen Buch von Wolf Erlbruch spielen. Im Stück ist der Tod ein leichtfüßiger Begleiter, der schon immer da ist, man merkt es nur nicht.
Das Kinderprogramm wird von den Gebrüdern Grimmig mit »Der Wolf und die sieben Geisslein« sowie der Geschichte vom »Verstiefelten Kater« gerockt. Cesar Olhagaray wird Live-Geschichten-Mal-und-Erzähl-Improvisationen dazutun und Krambambuli musikalisch der Kinderschar einheizen.

A propos Musik: Hier wird Erwachsenen ebenso ein vielseitiges Programm geboten. Das Trio Tworna bietet Weltmusik aus der Heimat und wird mit seinem Programm »Es saß ein klein wild Vögelein ...« deutsche Volkslieder in sehr frischen Arrangements ganz und gar unkonventionell mit stilistischen Elementen des Jazz, der Improvisation, der Klassik und des Pop präsentieren. Die Shoe Swing Stringers hingegen werden mit außerordentlich tanzbarer Swingmusik dafür sorgen, dass Herzen höher schlagen und Tanzbeine jedweden Alters wild durch die Luft wirbeln.

Wichtig: Man sollte neugierig sein! Kinder, Mütter und Väter, Groéltern, Freunde, Verwandte und Bekannte sollten gemeinsam hingehen. Denn: Es ist ein Fest.

TM

Theaterfest der Generationen 21. bis 24. September, Zentralwerk Dresden
Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist kostenlos. Spenden sind willkommen.
www.freaksundfremde.blogspot.de