Friday Night in J´berg: Brasilianische Nacht
Sergio Mendes beim Rheingau-Musik-Festival
Ra. Im Rahmen des Rheingau-Musik-Festivals ist es bereits seit längerem ein schöner Brauch an einem Freitag abend ein Open-Air-Jazz-Event im Cuvéehof des Schlosses Johannisberg bei Oestrich-Winkel anzubieten. Dieses Mal stand das Konzert passend zu dem was diesen Sommer in Deutschland ohnehin im Vordergrund stand, im Zeichen Brasiliens. Stargast des Abends bei brasilianisch-tropischen Temperaturen (mit gelegentlichen Schauern) war der Brasilianer Sergio Mendes mit seiner Tournee unter dem Titel „Brasil 2014“.###MORE###
Sergio Mendes ist seit den frühen Sechzigern eine Legende im Grenzbereich zwischen Jazz, Samba und Bossa Nova. Dabei scheut er sich nicht, durch eigene Interpretationen den Kompositionen anderer Musiker ein neues Gewand zu verschaffen. Auch sein größter Erfolg „Mas que nada“, den er mit seiner Band „Brasil ´66“ (auch ein Fußball-Weltmeisterschaftsjahr und auch ein für Brasilien enttäuschendes) zu einem Ohrwurm machte, obwohl es vor und nach ihm auch immer wieder andere Interpretationen dieses von Jorge Ben Jor komponierten Stückes gegeben hat, darunter immerhin auch Al Jarreau oder Dizzy Gillespie (und auch Mary Roos als „Blauer Montag“), ist doch keine Version so vom Publikum angenommen worden, wie die von Sergio Mendes, die sich zusammen mit einem anderen Sergio Mendes-Hit, nämlich „Samba do Brasil“ immer wieder auch dort in Werbung oder Filmmusik wiederfindet, wo ein Brasilien-Feeling erzeugt werden soll. Der Titel „Mas gue nada“ (zu deutsch: „Ach, was sol´s“) ist ja auch typisch brasilianisch. Dieses Schwanken zwischen Fröhlichkeit und Tristesse, zwischen Ausgelassenheit und Alltagssorgen bringt wohl ziemlich treffend auf den Punkt, was sich unterhalb des Zuckerhutes abspielt. Auch seine beiden nächsterfolgreichen Hits stammen nicht aus seiner Feder, nämlich „The Fool on the Hill“ aus dem Beatles-Album „Magical Mystery Tour“ und Burt Bacharachs „The Look of Love“. Sergio Mendes liebt es, sich von Musikern anderer Musikstilrichtungen inspirieren zu lassen. So konzertierte er nicht nur mit den bekannten Größen des Jazz oder des brasilianischen Samba oder Bossa Nova, sondern auch z.B. mit Stevie Wonder, Erikah Badu oder Justin Timberlake. Selbst mit den Black Eyed Peas arbeitete er faszinierend zusammen. 1992 erhielt Mendes einen Grammy und sein Album „Brasileiro“ wurde als „Best World Music Album“ ausgezeichnet. In den letzten Jahren war es allerdings ruhig geworden um Sergio Mendes. Umso wichtiger, daß er dieses Comeback anging.
Die ersten 15 bis 20 Minuten gehörte dem Künstler allerdings nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums. Man sah in dieser Zeit viele Musiker mit In-Ear-Kopfhörer und Smartphone in der Hand oder sogar einen mit einem aufgeklappten Laptop auf den Knien. Diese „Zuhörer“ waren in jenen Minuten gedanklich nicht auf der Bühne im Rheingau, sondern – in Brasilien. Dort schrieb nämlich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gerade im Viertelfinale für ihr Samba-Märchen das Kapitel „Adieu Les Bleu“. Umso enthusiastischer lebten diese Zuhörer dann nach Zuklappen der Laptops und Verstauen der Smartphones ihre Freude aus, wenn sie der beschwingenden Musik folgten, teilweise dazu spontan tanzten und gegen Ende des Konzerts nicht mehr auf ihren Sitzen zu halten waren. Sergio Mendes hatte sich diese Reaktion auch verdient. Er bewies nämlich, daß er nicht der Verlockung erlegen war, nur immer wieder seine alten Hits zu spielen. Vielmehr bot er außer seinen Versionen der Bossa Nova Klassiker z.B. von Carlos Jobim und anderen brasilianischen Größen, natürlich einschließlich seines Mas que nada, auch neue Verbindungen z.B. des Samba mit Rap-Einlagen. Er ist eben nicht auf einer bestimmten Stufe stehengeblieben. Vielmehr zeigt er eine Lust zum gekonnten Experiment. Er wies nach, daß Musik universell ist und gute Musiker, egal welcher Stilrichtung, immer miteinander etwas Faszinierendes anzufangen wissen. Das grandiose Finale des begeisternden Konzertes des Altmeisters hatte vollends das Samba-Feeling geweckt. Es gab kaum noch einen Zuhörer, der sitzengeblieben war. Alles bewegte sich zur mitreißenden Musik. Der herrliche brasilianische Abend war also wie versprochen eingetroffen.
Wer übrigens danach noch über den Weinbergen in der Schloßschänke eine Stärkung zu sich nahm, konnte, auf den dort aufgestellten Bildschirmen ein weiteres Viertelfinalspiel der Fußball-Welstmeisterschaft verfolgen. Und wer spielte da passend zu diesem Abend? Richtig! Brasilien.
Das Rheingau-Musikfestival geht in diesem Jahr mit täglich sogar mehreren Konzerten noch bis zum 13. September. Wer also ein ähnliches Erlebnis teilen möchte, sollte sich beeilen. Für mehrere Konzerte sind noch Karten zu haben (www.rheingau-musik-festival.de oder über die Ticket-Hotline 06723 60 21 70) und auch landschaftlich wie kulinarisch ist eine Reise in das Rheingau ein Genuß. Die Dresdner Reisebüros sind bei der Planung einer entsprechenden Reise wie auch bei der Kartenvorbestellung behilflich.