Kickers nur angekickt

Ein Punkt ist ein Punkt ist ein Punkt ...

Zwei Remis, zwei Siege, zwei Niederlagen – immer schön im Doppelpack – gab es bisher in der Saison. Man durfte also gespannt sein, ob es beim Aufsteigerduell in diesem Rhythmus wieder von vorn beginnt. Sieht ganz so aus. Denn obwohl vor der Saison orakelt wurde, dass für Dresden die Kickers aus Würzburg am Spieltag 7 der erste machbare Gegener sein würden, erwies sich der Mitaufsteiger bisher deutlich stärker als vermutet.

Halbzeit eins: Raketenstart und Bremsfallschirm

Personalfragen? Nach 0:6 Toren in jüngster Vergangenheit probierte es Uwe Neuhaus mal mit der Kombi Giuliano Modica–Jannik Müller auf den defensiven Strafraumarbeitsplätzen. Außerdem durften Lumpi, Testroet und Aosman wieder zum Start auf das Grün. Und – kollektives Aufatmen – auch Kollege Stefaniak hatte sich von der Betzenberg-Prellung erholt.
Und los gings. Anstoß Würzburg. Testreot haut sich sofort in den ersten Pass, was zur Balleroberung führt und zur ersten Ecke. Die kommt von Stefaniak, fliegt über Lumpi zu Modica, der den Ball nach innen senst. Die Kickers-Innenverteidigung fragt sich gerade "Haben wir was vergessen?". Genau, den Herrn Hartmann. Der nutzt wiederum seine gefühlte Schuhgröße 78 aus, um das Ding zentral aus wenigen Metern über die Linie zu hauen. Aber war da ein bissche Lambertz-Hand im Spiel? Wenn überhaupt, dann war es die Hand Gottes. Des Fußball-Gottes. Sagen wir mal.

Und nach der Führung geht es Schlag auf Schlag. In Minute drei schon die erste Gelbe für Würzburg, in der vierten ein ordentlicher Marvin-Freekick, die Gäste derweil mit hohem Pressing, was zu einigen Flipperbällen bei den Schwarzgelben führt. In der 8. Minute erwischt Gogia einen Ball vor dem Tor nicht so recht, im Gegenzug rettet Schwäbe wieder einmal stark im Eins-gegen-Eins. In der 11. sendet Gogia einen Träumchen von einem Pass an Lumpi, der allein vor Wulnikowski das Leder nicht versenken kann. Drei Minuten später lenkt Marvin 2 einen noch abgefälschten Freistoß von Daghfous über die Latte. Und dann?

Dann war es wie gegen Aue; das Spiel wird nach der Anfangsviertelstunde zerfahrener, es gibt kaum klare Aktionen, igrendwer hat einen Bremsfallschirm ausgeworfen. Dynamo versucht es mit Spielkultur, Würzburg mit Robustheit und immer wieder auch Härte – die Fouls sind kaum zu zählen, nimmt man auch die hinzu, die der Spielleiter nicht pfeift. Zwar treiben Stefaniak und Gogia immer wieder an, aber vor allem Gogia fehlt öfter die Balance zwischen Sehr-viel-Können und Zuviel-Wollen. Vor allem die Trennung vom Ball sollte für ihn mal auf dem Trainingsplan stehen. Ansonsten gibt es zur Pause auf jeder Seite noch eine Fastchance, aber hier wie da fehlen Übersicht oder Glück oder Fähigkeiten.

Frage an Fachleute: Gibt es eigentlich noch den berühmten Pausentee?

Halbzeit zwei: Sonntagsschuss in die Magengrube

Kann mal bitte jemand die 50er-Minuten von der Uhr nehmen? Denn kaum ist die 49. vorbei, passiert es schon wieder! Daghfous darf komplett unbedrängt auf den langen Pfosten flanken, wo der eben eingewechselte Felix Müller – höflich begleitet von den zwei Gelbhemd-Müllern – einköpfen darf. Es ist zum ...
Und jetzt kommt Dynamo etwas von der Rolle. Drei Großchancen in drei Minuten für die Gäste, dynamische Kopflosigkeit ist zu spüren. Da tankt sich Aosman mal durch, zieht ab, doch er trifft nur die Unterseite der Querlatte. Immerhin: ein Zeichen. Aber schon kurz danach wieder die Hollerbach-Jungs mit zwei guten bis großen Einschussmöglichkeiten.

Dann kommt noch einmal Akadi Gogia. Aosman spielt in der 58. Minute einen schönen Querpass auf Texeira der sieht, wie Gogia in den Sechzehner läuft und spielt ihm den Ball genau in die Füße. Schuss und drin! Erstes Tor für Dynamo.

Aber das Tor bringt keine Übersicht oder mehr Überlegenheit ins Spiel. Dresden nimmt sich immer wieder selbst die Butter vom Brot durch Fehlpässe im Mittelfeld, ungenaue Flanken oder falsche Laufwege. Aber es ist zu sehen, dass die Mannschaft kämpft. Doch der Kampf wird nicht belohnt. Stefaniak kann sich in der 72. außen nicht durchsetzen, Pissot kann so flanken und Marco Hartmann klärt per Schädel in die Mitte vor dem eigenen Strafraum. Das man das besser lassen sollten, bestätigt Tobias Schröck, der den „Assist“ des Dresdner Kapitäns dankend annimmt und das Leder aus knapp 20 Metern sehenswert in die Maschen drischt. Ein Sonntagsschuss in die Magengrube der Dresdner auf dem Rasen und im Stadionrund.
Der Rest ist nochmals ein Anrennen mit noch einmal drei guten Möglichkeiten, doch aus dem Gewühl klappt es nicht, der eingewechselte Berko zielt zu hoch, Teixeiras straffer Schuss wird gehalten. Im Stadion wird es merklich ruhiger, außerhalb des K wird der Support fast komplett eingestellt. Als fast unbemerkt der Schlusspfiff kommt, herrscht eine merkwürdige Stille in der Schüssel.

Aber: Es gilt die Weisheit vom dem Punkt, der ein Punkt ist und ein Punkt ist. Und Kollegen, die schreiben, Dresden würde im Niemandsland der Liga rumschwimmen, sollten man mal darüber nachdenken, dass das am Saisonende der Klassenerhalt wäre. Und wenn Dynamo den eingangs beschriebenen Rhtyhmus 2 Remis, zwei Siege, zwei Niederlagen beibehalten würde, stünde man zum Schluss bei 48 Punkten. Und das reicht bekanntlich. Dass es in Sandhausen am Freitag wieder zu einer Punkteteilung kommen könnte, ist ja auch nicht das Unwahrscheinlichste.
Uwe Stuhrberg

Dynamo Dresden vs. FC Würzburger Kickers
25. September 2016, Anstoß: 13.30 Uhr
Tore: 1:0 Hartmann (2.), 1:1 Müller (50.), 58. Gogia, 2:2 Schröck (72.)
Dynamo Dresden: Schwäbe, Teixeira, Modica, J. Müller, F. Müller, Hartmann, Aosman (89. Hauptmann), Lumpi, Gogia (76. Berko), Testroet (64. Kutschke), Stefaniak
Schiedsrichter: Patrick Ittrich
Zuschauer: 27.710
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