Kubanische Mathematik

The Lazy Boys in Havanna. Der Film

Wenn man eine Reise tut, dann kann man was erleben. Schon lange müsste diese Sentenz ergänzt werden durch: dann kann man es auch filmen. Die Dresdner Band The Lazy Boys hat das getan – schon wieder, um genau zu sein. Vor Jahren brachte das Rock’n’Roll-Country-Quartett die komprimierten Geschehnisse einer US-Tour auf DVD heraus. Diesmal jedoch ging es zwar über denselben Ozean, allerdings in ein komplett anderes, wenn auch nicht ganz unvertrautes Gesellschaftssystem: nach Havanna.

Eingeladen, auf einem Kulturfestival zu spielen, reiste die Band in die kubanische Metropole, drei Auftritte sollten es sein. Die Vorfreude war riesig, ebenso die Enttäuschungen vor Ort. Denn ab der Einreise mit fehlenden Visa ging fast alles schief, was schiefgehen kann – vier Musiker werden zerrieben zwischen manaña und sozialistischem Realismus. In dem knapp halbstündigen Dokumentarfilm »2 plus 2 gleich 5?« schildern die vier Protagonisten mit rückblickenden Kommentaren die Ereignisse, gefilmt von Thomas Schellenberger, der auch in Kuba dabei war und die Stadt facettenreich einfing – die Touristenblicke, die Morbidität des Verfalls, die das Straßenbild beherrschenden alten Straßenkreuzer oder Häuser, die aussehen wie nach einem Raketenangriff.

Ein wenig erinnert das Filmprojekt an die Netflix-Serie »Sunderland Til’ Die«, in der ein aus der Premier League abgestiegener Fußballclub den sofortigen Wiederaufstieg dokumentieren lassen will – es kam jedoch ganz anders. Interessant ist es zu sehen, wie unterschiedlich die Musiker vor Ort und im Interview mit dem Erlebten umgehen, und wie die Combo dann doch das Beste aus allem macht.

Dass der Film nach 28 Minuten endet, ist dann schon ein wenig schade, gern hätte man mehr über die einheimischen Protagonisten erfahren, auch der Ausflug von Sänger Mirko Glaser in die Street-Art-Szene – die auch den Filmtitel lieferte –  ist interessant, könnte aber fast schon der Aufhänger für einen anderen Streifen sein. Das Manko der Kurzdoku ist allerdings, dass man als Außenstehender fast nichts über die Band erfährt. Für Musik- und/oder Kuba-Interessierte, die außerhalb des Band-Kosmos leben, wäre eine winzige Auflkärung darüber, wer denn hier zu sehen ist, hilfreich.

Nun haben die Lazy Boys diesmal keine DVDs gebrannt, denn in immer weniger Haushalten finden sich die dafür notwendigen Abspielgeräte. Also wird gestreamt – auf Amazon Prime Video. Wer ein Abo hat, zahlt nichts dazu, ohne Abo kostet das Vergnügen 4,99 Euro geliehen und 11,99 Euro gekauft. Interessanter Nebeneffekt: Man beachte die vom Streamingdienst verlinkten Weiterschauangebote.

Übrigens: Die Band war auch schon einmal in Russland. Dort hat es mit den Auftritten geklappt, aber zum Abenteuer gestaltete sich dieser Trip ebenso. Die Geschehnisse kennt man nur vom Hörensagen, einen Film gibt es darüber leider nicht. Oder?
Uwe Stuhrberg

2 plus 2 gleich 5? Mit den Lazy Boys in Havanna Amazon Prime Video