Nachgeholte Heimatkunde
Klassische Adventskalender, hinreißend gezeichnet, detailverliebt recherchiert. Mit einer Überraschung hinter jedem Türchen.
Sie wirken wie Zuckerwatte. Puderzarte Schneehauben, die sich sanft auf Hausmannsturm, Zitronenpresse und das markante Dreiecksdach der Semperoper legen. Die Stadt ist menschenleer. Stattdessen wacht eine Schar vergnügter Engel über Dresdens Altstadt, geleitet von einem majestätischen Herrnhuter Stern.
Was für eine Szenerie! Erdacht, entworfen und gezeichnet hat sie Astrid Lange. Die hinreißenden Adventskalender der begnadeten Zeichnerin sind ein Fest fürs Auge. Geboren in Dresden, studiert Astrid Lange bis Anfang der Neunziger auf dem Brühl Malerei und Grafik. Die Liebe zog sie nach Berlin, wo die 60-Jährige seither wohnt und arbeitet.
Ihrer Liebe zur sächsischen Heimat und ihrem Faible für Stadtansichten ist sie derweil treu geblieben, wie die überbordende Auswahl an Adventskalendern anschaulich belegt. Alles begann 2013 mit einer Stadtansicht von Görlitz. Mittlerweile kalendern Meißen, Bautzen und Freiberg genauso malerisch um die Wette wie Großsedlitz, die Sächsische Schweiz und Herrnhut.
Während sich die letzten Jahre bei Adventskalendern der Trend in Richtung Größer-schwerer-teurer katapulierte, geht Astrid Lange mit ihren klassischen, künstlerisch anspruchsvollen Stadtansichten einen Schritt zurück. Doch back to the roots heißt nicht altmodisch. Astrid Langes liebevollen Kompositionen verfügen allesamt über einen geradezu entertainenden Zugewinn.
Einem Wimmelbild gleich, ploppen beim genaueren Hinsehen charmante Details, wie etwa die Emporen der Frauenkirche auf, welche Dresdens Altstadt liebevoll rahmen. Details, die sich durch das Öffnen der Türchen überraschend vertiefen, wenn sich hinter jedem Tür-Motiv eine wohl recherchierte Geschichte offenbart. Nachzulesen sind die »Storys behind« per QR-Code auf Astrid Langes Website, auf Englisch und Deutsch.
»Ich sehe Sachen, die man normalerweise übersieht«, beschreibt Astrid Lange ihre Herangehensweise. Dafür nimmt sich die Wahlberlinerin, welche jedes Jahr zwei bis drei neue Motive entwirft, viel Zeit. Gut zwei Jahre kann die intensive Vorbereitung kosten. Bei endlos langen Spaziergängen durch die zukünftigen Advents-Orte sammelt die Frau mit dem Blick fürs Besondere, zahllose Eindrücke und Motive, taucht tief ein in Bau- und Stadtgeschichte. »Nachgeholte Heimatkunde« nennt die feinsinnige Künstlerin das und ergänzt: »Ich bin sehr neugierig und gehe mit einem anderen Blick durch die Stadt, stets auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen. Und dann«, fährt Astrid Lange fort, »stelle ich mir Fragen. Wie sieht ein Raddampfer aus? Wie ein Brennspiegel im Dresdner Zwinger?«
Das Bedürfnis, kostbare Info-Schätze zu heben und diese weiterzuschenken, hat die Illustratorin peu à peu gleichsam in Leipzig, Magdeburg und Potsdam fündig werden lassen. Ganze fünf Mal sogar in Berlin. Ihren neusten Coup indes landet Astrid Lange dieses Jahr mit einem großartigen Kalenderium vom Jacobsweg sowie einer zauberhaften 3D-Ansicht vom sommerlichen Dresdner Elbhang.
Auch hier, eine Idylle, wie sie im Buche steht: Villa Marie und Schillergarten aufmüpfig im Vordergrund, auf der Elbe schippert lässig ein Kahn, im Hintergrund ragen Villen, Schlösser und Bergbahnen gen Himmel – bekrönt von einer prallen Weinranke. Ein Szenario, das Lust auf mehr macht, auf mehr Geschichten, mehr Motive, mehr Details. Diese kommen per QR-Code und laden zum amüsanten Stadtrundgang auf den Spuren von Dichtern, Musikern und Musen. Und machen ihrerseits Lust, in der eigenen Stadt selbst mal wieder auf Entdeckertour zu gehen.
Mutti
Stadt-Adventskalender Astrid Lange 0179-8022221
www.stadt-adventskalender.de
Im Handel erhältlich bei: Art & Form, Kleinod, Museumsshops Residensschloss und Alte Meister
Buchhandlungen: Büchers Best, Lesezeichen, Richters, Ungelenk
