Nachricht vom Freund

Jadu kam zum Sonntagskonzert in die GrooveStation

Ledermantel, Latexhose und rote Highheels – das klingt eher nach einer einschlägigen Party früher unten im Downtown als nach einem musikalischen Abend in der GrooveStation. Doch Jadu Laciny ist mit ihren uniformierten Bandkollegen an Keyboard, Gitarre und Schlagzeug angetreten, den Sonntag zum emotionalen Soundtrackerlebnis werden zu lassen.

Entgegen soldatischer Pünktlichkeit betritt die Künstlerin erst 15 Minuten nach dem Terminplan die Bühne. Ihr Bandlogo prangt groß an der Rückwand, sie selbst stolziert grußlos ans Mikrofon. Jadu präsentiert hier ihr erstes Album »Nachricht vom Feind«, 13 Stücke voller interessanter Poesie und gespickt mit militärischen Vokabeln für emotionale Momente. So ist ihr dritter Song am Abend, die „Friedliche Armee“, eine Ode an den Wald. „Mein Freund der Baum“ - im neuen Gewand. Jadus zarte Stimme haucht und faucht und im halb gefüllten Saal sind einige Gäste schon sehr textsicher dabei. Entgegen ihren martialischen Musikvideos ist ihre Bühnenshow nur stehende Inszenierung. Kein Vergleich zur Materialschacht von Rammstein, mit der sie unnötigerweise in der Presse irgendwie in einen Topf geworfen wurde. Ihre gut aufgestellte Band junger bärtiger Schlackse macht einen professionellen Job, das dominante Schlagzeug gibt, im wörtlichen Sinne, die Marschrichtung vor. Das Publikum wiegt sich im Dunkel mit.

Die Texte aus Jadus Liedern sind manchmal einfach der Liebe gewidmet, oft aber komplex in der Wortwahl und reich an kraftvoller Emotionalität. Gerade die Frauen im Publikum fühlen sich offensichtlich angesprochen, wenn es um äußerliche Stärke und innere Unsicherheit, Schwäche und Sehnsucht geht. Ob es da die ganze Leder-Latex-Militär-Nummer eigentlich braucht? Nur für das Medienecho? Oder lüsterne Herren? Immerhin laufen die Handykameras im Publikum allgemein in Dauerbetrieb. Die Generation 40+ ist mittlerweile genau so peinlich wie ihre Kinder. Und bis zum zweiten Drittel des Abends sehr dezent im Applaus, jedoch auch, weil Jadu wenig mit dem Publikum interagiert.

Sie zieht ihr Ding durch, ein Lied nach dem anderen. Dazwischen eine Umkleidepause – aus Latex wird Baumwolle, „schade“, findet auch meine Begleiterin. Bisweilen wird der musikalische Teppich etwas eintönig, aber dann greift die “Chefin“ selbst zur Gitarre und aus souligem Darkpop wird echter Hardrock. Zum Ende erklingt es nochmal etwas kuscheliger und der Applaus lauter – zurecht. Als das Konzert vorbei ist, nimmt sich Jadu dann auch Zeit für Fotos und Fankontakt – so unnahbar, wie sich sich auf der Bühne und in den Videos gibt, ist sie offenbar gar nicht.
Pinselbube

Jadu
6. Oktober 2019, GrooveStation