Verflixte siebzehn Minuten

Die halbe Revanche der SGD gegen die Bayern-Reserve

Viel wurde diskutiert im Nachgang dieses Unentschiedens. Unzufriedenheit, Frust und Verärgertsein dominierten bei Dynamo. Es seien nur die erste Viertelstunde und die letzten zwanzig Minuten gut gewesen, meinte Markus Kauczinski im Aschluss, ein Sieg wäre unverdient gewesen, wurde auch von Spielern geäußert. Kann man so sehen. Muss man aber nicht. Denn wenn man mal alles auseinanderklabüsert, dann hat die Sportgemeinschaft den Sieg in einer nur siebzehn Minuten währenden Phase hergegeben – und die lag von der 63. bis zur 80. Minute.

Bis dahin passiert eigentlich nicht viel. Christoph Daferner verwandelt via Gestirn eine passgenaue Ecke von Paul Will, da sind noch nicht einmal zehn Minuten gespielt. Im Gegenzug verhindert eine Kevin-Körpermasse aus Broll und Ehlers den Ausgleich. Sieht man einmal von einem Flügeldurchbruch Niklas Kreuzers ab, passiert kaum etwas. Auf dem Rasen belauern sich zwei Teams, suchen nach Fehlern des jeweils anderen, wird mit Konzentration verteidigt und mit zuviel Bedacht angegriffen. Mit dem wechselhaft angewandten Pressing kommen beide Seiten nicht klar, sowohl die Bayern als auch Dynamo spielen manchmal ungeahnte Fehlpässe oder Verlegenheitsbälle. Aber Torgefahr? Nitschewo.

Wird ein Spiel langweilig, spricht man entweder davon, dass die Begegnung von der Spannung lebt oder dass die Partie etwas für Taktikfüchse ist respektive Taktikfüchsinnen. Das hier ist von allem etwas, auch, als es in die zweite Halbzeit geht, in die die Münchner mit einem offensiven Doppelwechsel starten. Am Spiel ändert das wenig. Es wird um Kontrolle gerungen, um den Ballbesitz gefeilscht, ins Risiko geht keines der Teams. Kade und Mörschel mal aus der Distanz, Münchner Versuche werden abgefangen.

In der 63. Minute will Markus Kauczinski dann wohl mehreres auf einmal. Kräfte schonen für Ingolstadt, Frische bringen für ein zweites Tor: Daferner und Hosiner gehen, Königsdörffer und Sohm kommen. Damit wird es ein anderes Spiel. Denn die wortwörtliche Manpower, die Dresdens 17-Tore-Sturm auch defensiv aufbietet, können die beiden Eingewechselten nicht annähernd auffangen. So hat hat die bajuwarische Hintermannschaft jetzt mehr Entfaltungsräumlichkeiten, um von hinten durchzudrücken. Das wirkt sich auch aus, als Kreuzer etwa 20 Meter zentral vor dem eigenen Tor den durchstürmenden Rhein in die Hacken läuft. Unnötig schimpfen die einen, zwingend notwendig sagen die anderen. Ich tendiere zu letzterem. Aber die Freistoßsituation ist schon eine, die allein beim Zuschauen für flaue Gefühle im Magen sorgt. Broll stellt die Mauer aus seiner Sicht von der Mitte nach rechts und öffnet links das Scheunentor. Er will den Schützen locken, soviel scheint klar. Weizelmann läuft an und nimmt das Scheunentor, während Dresdens Keeper zwei Trippelschritte hinter die Mauer macht. Das mag verstehen wer will. Wenn die Torwartecke blank ist, muss der Goalie auch dahin gehen – so ist es wie ein Elfmeter ohne Gegner. Kopfschüttel!

In den kommenden acht Minuten haben die FCB-Bubis drei dicke Möglichkeiten, davon eine, bei der ein anderer Schiri vielleicht Elfmeter gegeben hätte. In der Zwischenzeit kommt Sebastian Mai für Will. Der Kapitän benötigt fünf Minuten dann ist er drin in diesem Spiel und schließt mit seinen Schwarzgelben das siebzehnminütige Fenster der Gästeüberlegenheit. Kreuzer donnert auf die Kurze – Pfosten. Mörschel aus sieben Metern – Ehlers „verwandelt“ zum Abseitstor. Mai jetzt mit Einwürfen so weit wie Ecken. Kade aus 16 Metern – gehalten. Letzte Energie. Und Schluss.

Dresden wollte unbedingt gewinnen, Bayern vor allem nicht verlieren. Deshalb haben die Gäste ein bisschen mehr gewonnen als Dynamo – die Revanche auf die Hinspielschlappe gelingt so nur halb. Ob das ein Beinbruch ist, wird sich aber erst am Sonnabend zeigen. Dass der DFB ob seiner Ansetzungspolitik mal wieder auf alle Rücksicht nimmt, nur auf Dynamo Dresden nicht, spricht dabei aber auch schon wieder Bände.
Uwe Stuhrberg

SG Dynamo Dresden vs. FC Bayern München II

25. Februar 2021, Anstoß: 19 Uhr
Tore: 1:0 Daferner (9.), 1:1 Welzmüller (68.)
Dynamo Dresden: Broll, Ehlers, Knipping, Kwadwo, Meier, Kreuzer, Kade, Will (75. Mai), Mörschel, Hosiner (63. Sohm), Daferner (63. Königsdörffer)
Ohne Einsatz: Wiegers, J. Löwe, Stefaniak, Stor
Zuschauer: 0
Schiedsrichter: Steven Greif
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