Vorgefürth
Dynamo Dresden patzt hinten und verliert den Saisonauftakt bei Greuther Fürth
Der Auftakt in Liga zwo war verbunden mit einer riesigen Vorfreude. Nun ging es los, diesmal auswärts, Die Finals verhinderten ein erstes Spiel in der heimischen Schüssel. Aber Greuther Fürth? Das ist so eine Box, bei der man kaum erahnen kann, was drin ist. Die Namen Hrgota und Klaus schweben so drüber, aber dann? Alles scheint möglich. Thomas Stamm jedenfalls gab mit Rossipal, Fröling und Faber gleich einem Trio der Neuzugänge einen Starelfplatz, Amoako saß auf der Bank wie auch Hauptmann, der noch nicht voll im Saft steht. Wer jedoch glaubte, dass würde so ein halbgewalkter Langweile-Kick werden, sollte sich schnell getäuscht sehen. Sehr schnell. Also viel zu schnell.
Die erste Halbzeit: Klingelingeling, hier kommt der Eiermann
Das Spiel beginnt mit heimischem Anstoß und dem fast üblichen weiten Ball. Der wird am Dynamo-Strafraum ordentlich per Kopf geklärt und landet bei Aljaz Casar. Und nun beginnt schon irgendwie der Anfang vom Ende. Casar hätte die Sekunde Zeit gehabt, den Ball anzunehmen und nach links zu spielen, wo gleich drei eigene Kollegen frei zur Auswahl stehen. Stattdessen lässt er blind prallen, dahin, wo der Gegner schon lauert. Dann wird auf außen gleich ein komplettes schwarzgelbes Trio mit einem simplen Doppelpass ausgehebelt. Und Reno Münz hat so viel Platz und freien Blick für seine Flanke. Jakob Lemmer segelt unter dem Ball durch und hinter ihm rennen gleich drei SGD-Verteidiger zum kurzen Pfosten, obwohl es doch eher unwahrscheinlich ist, dass der Ball dorfhin kommt. Auch Tim Schreiber lässt sich von den Laufwegen anstecken. Als der Ball den Höhepunkt seiner Flugbahn erreicht, drehen sich alle um und sehen was, was sie nicht sahen. Denn während alle wie aufgeregte Hühner auf einen Spot rennen, wird das Ei am zweiten Pfosten gelegt. Denn hier kommt Noel Futkeu als Eiermann vollkommen allein vor das Tor gelaufen und köpft am zu spät herbeihechtenden Schreiber vorbei ins Netz. Jonas Oehmichen steht mit gebührendem Abstand dabei und filmt das Geschehen mit dem Handy für spätere Laufweganalysen. Einszunull. Fazit: Es brauchte ganze 24 Sekunden ab Anpfiff, um den denkbar schlechtesten Start in die Saison hinzulegen.
Das Gute im Schlechten: Es sind ja noch fast 90 Minuten Zeit. Die Sportgemeinschaft braucht jedoch keine zwei Minuten, um zurückzuschlagen. Also fast. Es geht über Konrad Faber auf rechts, die Flanke kommt genau auf Christoph Daferners Kopf, der den Fürther Goalie alles abverlangt. Nur leider ist die Sechzehner-Personalaufteilung der Heimelf deutlich besser gestaffelt, so dass der heranrauschende Jonas Oehmichen nicht abstauben kann. Immerhin – so kann es gehen. Und so wird es auch weiter mit Langholz probiert.
Aber ach ach ach. Es kommt ganz anders. Zehn Minuten sind rum, da bittet die Fürther Lichtgestalt Branimir Hrgota Claudio Kammerknecht zum Tanz und hat am Ende der Schrittfolge die paar Zentimeter Platz für die zweite Flanke in den SGD-Strafraum. Und wie sich hier Felix Klaus in die Lüfte erhebt, allein schon das hat einen gewissen Schauwert. Wie er dann aber auch noch das Leder in den Knick köpft … Alexander Rossipal ist derart begeistert, dass er gar nicht erst eingreift. Wer will denn schon so ein kopfballerisches Kunstwerk zerstören? Zweizunull. Das kann ja was werden. Magengrummeln.
Das geht jetzt alles viel zu schnell. Da war doch eben noch pure Trostlosigkeit, schon nimmt Ekstase wieder ihren Lauf, denn plötzlich steht es 2:1. Die SGD drückt einfach mal die Copy/Paste-Taste – ersetze Hrgota durch Lemmer und Felix durch Daferner. Zwar ist der Kräuter-Torwart noch dran, aber den wuchtigen Schädelball kann er nicht abwehren – vom Pfosten springt das Runde ins Eckige. Was ist denn hier los!?
Und dieser Treffer wirkt. Schwarzgelb übernimmt nun mehr und mehr das Geschehen auf der Wiese, gewinnt an Sicherheit, Fürth hat keine Spielentwicklung mehr. Aber, und das kennen wir ja schon saison- und personalübergreifend: Kommt Dynamo an den Strafraum, wird es ungenau, überhastet, auch mal schludrig. Überhaupt beruhigt sich die Partie, ohne langweilig zu werden, gefährlich wird es selten. Büning blockt einen Felix-Kracher, Fröling schießt aus der Distanz links knapp vorbei. Weitere Versuche aus der Entfernung scheitern deutlicher (Rossipal, Faber). Als knapp 40 Minuten rum sind, und man sich darauf eingroovt, wenigstens mit einem knappen Rückstand in die Pause zu gehen, sorgt Tim Schreiber für Amplitudenschwankungen in den Fan-Kreisläufen. Einen schlichten Abstoß schießt er Futkoy aus nächster Nähe an den Körper – es ist pures Glück, dass der Ball neben das Tor ins Aus trudelt. Mit dem Pausenpfiff noch mal Fürth, als Bjarnason eine Ecke per Kopf ans Dresdner Lattenkreuz nagelt. Das Spielglück scheint auf die Seite der SGD gewechselt zu sein. Scheint.
Die zweite Halbzeit: Am Ende leere Hände
In manchen Stadien werden Feuer entfacht, in Fürth wird geschnipselt. Eine weiße Papier-Choreo sam Streifenregen verzögert den Anpfiff um etwa fünf Minuten, bis alles weitestgehend maschinell vom Grün gepustet wurde. Die erste Flanke danach kommt von Lemmer, wird aber easy abgefangen. Doch dann das. Glaubte man, dass sich die dynamische Defensive nach den Anfangspatzern gefangen hat, wurde man schon nach sechs Minuten eines Schlechteren belehrt. Der ständig wuselige Futkeu bekommt einen Pass nach außen direkt in den Lauf, läuft dann durch Kammerknecht und Faber durch, lässt Bünning ins Nirwana grätschen und überwindet Schreiber schlussendlich zum 3:1. Whatta Solo, aber nur eben auf der falschen Seite. Und die Dresdner Defensive schon wieder im Hühnehaufen-Modus, wieder drei auf einen, wieder eine Restverteidigung von der Resterampe. Und nicht nur das: Keine zwei Minuten später dringt Klaus auf ganz ähnliche Art bis vor Schreiber durch, der aber den Knaller aus spitzem Winkel entschärft.
Jedoch auch im zweiten Durchgang berappelt sich Dynamo nach einer kurzen Schockstarre. Nur wenig später bekommt Daferner beim Lauf in den Strafraum einen Deluxe-Pass von Oehmichen in die Füße, dreht sich kurz und zieht ab. Pfosten. Aber: Mit etwas mehr Übersicht spitzelt der Stürmer den Ball in die Mitte zu Fröling, der perfekt mitgelaufen war und das leere Tor wohl nicht verfehlt hätte. Das Spielglück ist irgendwie weitergezogen. Dann wieder Futkoy im Konter, der Hrgota aber zu lässig bedient, sodass Rossipal im Vollsprint zur Ecke klärt. Aprospos Standards: Auf beiden Seiten kaum Gefahr.
Nach einer reichlichen Stunde kommen Hauptmann, Amoako und Kother für Lemmer, Oehmichen und Casar. Es bleibt dabei: Dresden läuft an, Fürth steht sicher und scheint jetzt nur noch den Sieg über die Zeit bringen zu wollen. Das könnte sich rächen, denn Kother scheitert schon kurz nach seinem Arbeitsbeginn nur knapp am Torwart. Nur drei Minuten später eskaliert dann wieder die Gästetribühne. Einen weiten Einwurf von Fröling verteidigt Fürth im SGD-Style. Aus dem Strafraum heraus landet der Ball vor den Stiefeln von Kammerknecht, den im Rückraum niemand auf dem Schirm hat. Mit allem, was er hat, nagelt die 15 das Ding via Dropkick unten rechts in Netz. Nur noch Dreizuzwei. Auf geht’s, ein Punkt muss hier noch drin sein.
Nur vier Minuten später: Wieder verteidigt Fürth schlecht (diesmal nach einer Ecke), wieder lauert Kammerknecht auf den Rebound, wieder zieht er ab, doch fliegt der Ball knapp am linken Pfosten vorbei. Eine Minute später Kother aus 18 Metern drüber. Hat denn niemand eine Flasche Zielwasser dabei! Kutschke kommt für Daferner, Risch für Bünning. Aber es passiert nichts Entscheidendes mehr. Je näher der Abpfiff droht, um so nervöser wird das eben noch überlegene Spiel der SGD. Fürth hält den Ball vom Tor weg und übersteht so auch die sechsminütige Nachspielzeit. Dann ist Ende, leere Hände.
Was noch zu sagen wäre
Offense wins games, defense wins championships, sagt der sportive Volksmund, aber damit hätte die SGD diesmal schlecht ausgesehen. Denn von den Blackouts hinten drin abgesehen, wäre – trotz zweier Tore (!) – vorn mehr drin gewesen. Selbst im Strafraumgetümmel fehlt es an Entschlossenheit und/oder Übersicht. Und auch die Sache mit dem „letzten Ball“ haben wir in die neue Saison mitgenommen. Die Flanken sind zu oft auf Verdacht und fifty-fifty gespielt, und für die Rebounds ist keiner da (bis auf Kammerknecht). Die Schussqualität aus über 16 Metern hat deutlich Luft nach oben und die Standards sind meist so lala. Was stimmt, ist die Präsenz auf dem Platz, das Zusammenspiel zwischen den Strafräumen, auch das Passspiel hinten raus sieht gut aus. Jetzt noch die Stellschrauben vorn und hinten finden, dann haben die Bördekicker am Sonnabend nichts zu Lachen – und schon gar nichts zu hüpfen.
Uwe Stuhrberg
SpVgg Greuther Fürth vs. SG Dynamo Dresden
3. August 2025, Anstoß 13.30 Uhr
Tore: 1:0 Futkeu (1.), 2:0 (Klaus), 2:1 Daferner (11.), 3:1 Futkeu (51.), 3.2 Kammerknecht (74.)
SGD: Schreiber,-Faber, Kammerknecht, Bünning (89. Risch), Rossipal, Oehmichen (63. Kother), Sapina, Casar (63. Amoako), Lemmer (63. Hauptmann), Fröling, Daferner (85. Kutschke)
Ohne Einsatz: Mesenhöler, Herrmann, Menzel, Boeder
Schiedsrichter: Lars Erbst
Fans: 15.621
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