Ein kurzer Abend mit „Abschied“
Dresden-Premiere der Dresden Frankfurt Dance Company
Eigentlich hatte ich mich auf diesen Abend mit zwei Liedern aus Gustav Mahlers Liederzyklus „Das Lied von der Erde“ gefreut. Der israelisch-französische Choreograf Emanuel Gat gastierte mit einer interessanten Produktion seines eigenen Ensembles vor einiger Zeit im Festspielhaus HELLERAU. Jetzt war er als Gastchoreograf der Dresden Frankfurt Dance Company zurückgekehrt. Im Programmheft antwortet er auf die Frage, wovon das Werk handelt: „Nun, ich habe keine Ahnung, wir müssen abwarten und werden es sehen.“
Sein künstlerisches Schaffen geht von einem speziellen Verständnis von Choreografie aus als Organisation von Handlungen in Raum und Zeit und unter aktiver Mitarbeit der Tänzer:innen. Es fallen die Entstehung der Choreografie wie der Aufführung zusammen und so müsste jede Aufführung und an jedem anderen Ort anders geraten.
Festspielhaus Hellerau beginnt der dreiteilige Abend mit elf Tänzer:innen im schwarz ausgehängten Bühnenraum erstmal im erwartungsvollen Gleichgewicht. Ganz hinten aufgereiht die elf Tänzerinnen in Trainingsbekleidung, gegenüber das zahlreich erschienene Publikum. Auf der Bühne beginnen sich Gruppen zu formieren, schreiten durch den Raum, einzelne brechen aus, werden dynamischer. Mit Beginn des ersten Liedes „Der einsame Herbst“ werden die Bewegungen intensiver, eine Tänzerin rennt im großen Bogen über die Bühne, andere schlagen rhythmisch auf den Boden. Sprünge, Bodenrollen, Umkreisungen formen sich aus Wiederholungen heraus. Bewegungen werden voneinander abgenommen und verfestigen sich.
Vier Gruppen bilden sich und mit Ausklang der Musik wiederholen sie - zeitlich nach einem hinten ablaufenden Zählwerk strukturiert und räumlich in einem routierenden Kreis angeordnet - die gefundenen Bewegungen minutenlang tonlos. Es gibt vereinzelt Variationen, doch der Duktus bleibt meditativ monoton, trotz der körperlich anstrengenden Aktivitäten der Tänzer:innen.
Im dritten Teil, das Ensemble hat sich hinten der Trainingsklamotten entledigt und tanzt nun in schwarzen Hosen, Kleidern, Röcken mit viel nackter Haut, bekommen die immer noch gleichen Bewegungsmuster dann doch eine inhaltlich expressive Dimension. Zu den gesungenen Worten des Titelgebenden Mahler-Liedes „Abschied“ reiben sich die nonverbalen Bewegungsaussagen mit den poetischen Inhalten und ergeben automatisch berührende oder traurige Stimmungen. Final gab es nach einer Stunde Tanz viel Beifall vom Publikum. Neben dem Respekt für die tänzerische Leistung bleibe jedoch auch ich die Antwort schuldig auf die Frage, wovon das Werk handelt.
Isolde Matkey
Abschied Tanzabend der Dresden Frankfurt Dance Company nach zwei Liedern von Gustav Mahler, Choreografie: Emanuel Gat, Festspielhaus Hellerau. Nächste Vorstellungen: 18. bis 21. Dezember
www.hellerau.org
