In Zeiten wie diesen …

Philipp Schaller und Manfred Breschke meinen "Wir werden's euch besorgen!"

In Zeiten wie diesen haben es selbst gestandene Kabarettisten wie Philipp Schaller und Manfred Breschke nicht leicht. Das englische Volk wählt Europa ab, das Deutsche wählt die AfD mit zweistelligen Prozentziffern. »Sollen wir nach einem Wahlergebnis wie diesem etwa auch so weiter machen wie bisher?«, fragen sie in ihrem neuen Programm »Wir werden’s euch besorgen« und verbünden sich in der Not erstmals zur gemeinsamen Sache. Denn wenn ein Riss die Gesellschaft entzweit, müssen wenigstens die Kabarettisten zusammenhalten.

Als Gegenmittel servieren Breschke und Schaller in der Regie von Mario Grünewald am Kabarett Breschke und Schuch ein pfiffiges bis hintersinniges verbales Pingpongspiel. Wohl wissend, dass sie damit längst nicht mehr nur gegen die Politik, sondern mit mancher Pointe zur AfD vielleicht auch ein bisschen gegen ihr eigenes (treues) Publikum schießen. So nimmt das Kabarett nicht nur die Politiker und besorgte Bürger, sondern auch ein bisschen sich selbst aufs Korn. Erklärt offen, dass für zu harte Späße doch gerade nicht der Zeitpunkt ist, gibt zu, dass es sich eigentlich gar nicht trauen dürfte, dies oder jenes auszusprechen. Oh Gott, erinnert uns das etwa an früher?

Es beweist auf jeden Fall, wozu gute Kleinkunst fähig ist, wenn sie eben nicht schweigt, sondern Konflikte anspricht, in Anekdoten verpackt. Und das können Schaller und Breschke wirklich hinreißend. Gemeinsam haben sie ein zugkräftiges Programm gebaut, mit dem sie gleich zu Beginn richtig loslegen. Vielleicht hat Breschke sogar recht: Kabarett war lange nicht so schwierig wie jetzt, aber auch nie so wichtig und nie so bittersüß ironisch. Da darf dann auch schon mal das eine oder andere symbolische Wasserglas auf der Bühne geleert und im Eifer des Gefechts sogar umgekippt werden.

Angesprochen jedenfalls wird in den zweieinhalb Stunden vieles und das meist schonungslos. Die beiden  graben  gnadenlos nach dem Kern allen Übels – dazu brauchen sie nicht mal die Parodie einzelner Politiker. Jeder von uns möge sich mal lieber selbst an die Nase fassen. Gandhi hat gesagt: »Würde sich jeder darauf beschränken, was er braucht, wären alle zufrieden.« Warum hören wir nicht auf ihn?

Wir haben alles, nur keine echten Feindbilder mehr. Nicht mal mehr der Wessi kann dafür herhalten. Also suchen wir neue. Die Flüchtlinge vielleicht. Oder die Politiker. »Früher hat die Stasi alles mitgeschrieben, da fühlte man sich im Widerspruch immerhin noch ernst genommen«, konstatiert Breschke, um den Finger dann abermals in die Wunde zu legen. »Ich war immer das Sprachrohr des kleinen Mannes«, jammert er theatralisch. Doch wessen Sprachrohr soll er sein, wenn der kleine Mann AfD wählt? Die Frage ist eher, warum – und sie wird von Schaller kurz darauf schon sehr klar beantwortet. Ein wunderbar kurzweiliger und intelligenter Schlagabtausch ist das. Das Beste aber daran ist: Das Publikum lacht und applaudiert. Es versteht. Man hofft es jedenfalls. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt, auch in Zeiten wie diesen.
Nicole Czerwinka  

Wir werden's euch besorgen
Kabarett mit Manfred Breschke und Philipp Schaller, R: Mario Grünewald, Breschke & Schuch. Nächste Vorstellungen: 3. bis 5. November, 25. November
www.kabarett-breschke-schuch.de