Berlin Bouncer

Wenn Türsteher in Berlin erzählen

Ein Film über Berliner Türsteher von Techno-Clubs und Edelschuppen, das hört sich erst einmal nicht besonders spannend an. Mit dem Image von mafiösen Schlägertypen mit Verbindung zu Clans oder zur Unterwelt haben die drei taffen Männer, die David Dietl porträtiert, allerdings nichts zu tun. Seine Doku ist nicht nur für Hauptstädter und Nachtgestalten ein Muss. Der Blick ins flirrende Nachtleben und auf die Wächter der »härtesten Türen« der Szene wird zum Ausflug in ein vergangenes Berlin von der Neu-Sortierung nach dem Mauerfall in der wieder vereinten Metropole bis zur Gegenwart mit Gentrifizierung und geschlossenen Etablissements. Am aus dem Ost-Berliner Prenzlauer Berg stammenden total tätowierten Sven Marquardt (seit Mitte der 1980er auch renommierter künstlerischer Fotograf) kam niemand so leicht vorbei, der ins legendäre »Berghain« wollte, der Westdeutsche Frank Künster, selbst ernannter »Exzessbetreuer« mit Liebe zum »geilen Beruf«, stand bei Clubs wie »Cookies« oder »King Size« am Eingang, der ehemalige GI Smiley Baldwin bewachte erst die Grenze zur DDR, später Nobel-Clubs und machte später eine florierende Sicherheitsfirma auf. Er bringt Beruf und Berufung auf den Punkt, wenn er sich erinnert, wie er jeden Abend die Gäste zu einem Bild kombiniert habe, die drinnen so sein konnten, wie sie wollten.

So richtig »knacken« kann Dietl die selbstbewussten Herren zwar nicht, man hätte gerne mehr von ihnen erfahren. Aber dass die Charakterköpfe mauern, gehört wohl zu ihrem »Berufsgeheimnis«. Egal, trotzdem lernt man durch ihre Erzählungen ein fast vergessenes und feierwütiges Berlin kennen mit seinen Abgründen und Abstürzen. Eine Stadt voller Lebensdurst und Anarchie. Tempi passati. Der Bauboom macht vieles platt, Büros statt Bars, Partys für angereiste Provinzler. Nostalgie mit einem Hauch Wehmut und leiser Trauer. Es war einmal…
Margret Köhler

Berlin Bouncer BRD 2018, Regie: David Dietl
Zu sehen im kino im dach und im Thalia