Riot Days

Pussy Riot am 10. September im Kleinen Haus

In den vergangenen Jahren ist viel passiert in Putins Reich. Aggressionen nach Innen und nach Außen. Im Land selbst gelang Putin eine mit aller Gewalt durchgesetzte Gleichschaltung der Gesellschaft, jeder Versuch, sich dem zu entziehen, wird als staatsfeindlich angesehen. Freie Berichterstattung und freie Meinungsäußerung sind nicht mehr möglich, Menschenrechtsorganisationen wurden verboten. Jede Form von Widerstand wurde unterbunden, oppositionelle Politiker weggesperrt oder gleich ermordet. Die Diktatoren Lenin und Stalin wurden rehabilitiert, selbst die Zarenherrschaft wird neu verklärt. Was für ein System!

Im Februar 2022 hat Putins Russland sein Nachbarland Ukraine mit aller militärischen Macht überfallen, überzieht das Land seither mit einem barbarischen Krieg, bringt Verwüstung und Tod.
Und damit nicht genug: Hochrangige russische Politiker sprechen längst von mehr, vom Baltikum, von Polen oder gleich von einem „Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok“, natürlich russisch beherrscht. Das sollten wir ernst nehmen. Und doch gibt es lautstarke und kraftvolle russische Stimmen, die Mut machen und Hoffnung geben auf ein Erwachen der russischen Zivilgesellschaft, auch wenn die Interpretinnen derzeit in ihrer Heimat weder leben noch auftreten können, deshalb in verschiedenen Ländern Europas im Exil leben.

Pussy Riot haben sich im März 2011 in Moskau als variable Gruppe mehrerer Frauen gegründet. In wechselnden Besetzungen erregten sie immer wieder Aufsehen mit staatlicherseits nicht genehmigten Aufführungen auf öffentlichen Plätzen. Globale Bekanntheit erreichten sie 2012, als fünf von ihnen eine punkige Aufführung in Moskaus Erlöser-Kathedrale inszenierten. Sie wollten damit auf die enge Verbindung von Staat und orthodoxer Kirche aufmerksam machen, nicht zufällig waren beider Anführer jahrelang Mitglieder des sowjetisch-russischen Geheimdienstes KGB.

Im 2012 wurden Nadezhda Tolokonnikova, Marija Aljochina und Jekaterina Samutsevich verhaftet und zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Es blieb nicht die einzige Strafe, die die Frauen für ihren Mut absitzen mussten. Im Frühjahr 2022 gelang Marija Aljochina, verkleidet als Kurierfahrerin, in einer filmreifen Aktion die Flucht aus Russland. Gemeinsam mit ihren schon im europäischen Exil lebenden Künstlerkolleginnen musiziert und performt sie seitdem in zahlreichen Ländern Europas, um so gegen dieses menschenverachtende Regime und dessen Krieg in der Ukraine zu demonstrieren.

Ihre erste Tournee im Frühjahr brachte ihnen neben der überwältigenden Resonanz eines euphorisch begeisterten Publikums auch weltweite mediale Aufmerksamkeit. Basierend auf dem Buch »Riot Days« von Aljochina präsentiert die jetzige «Pussy Riot Anti-War Tour» ein Performance-Projekt aus Musik, Theater und Videoeinspielungen. Mit ihren Konzerten wollen die russischen Musikerinnen die Menschen in der Ukraine in ihrem Wunsch nach Frieden, Freiheit, Demokratie unterstützen. Darüber hinaus spenden sie einen großen Teil ihrer Merchandise-Einnahmen sowie einen Teil ihrer Konzert-Gage für ein Kinderkrankenhaus in der Ukraine.

Pussy Riot 10. September, 20 Uhr, Kleines Haus, www.mzdw.de