The Underground Railroad

Ein Meisterwerk aus der Serienlandschaft

Um das Jahr 1780 entstand in den USA ein Netzwerk, das Versklavten im Süden bei der Flucht half – etwa 100.000 Menschen erlangten so die Freiheit. Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Eisenbahn den Kontinent eroberte, bekam das streng informell arbeitende Projekt den Beinamen Underground Railroad. Unter diesem Titel erschien 2017 ein Roman von Colson Whitehead, der nicht nur ein Publikumserfolg war, sondern auch den Pulitzerpreis bekam. Whitehead wagt dabei eine besondere Fantasie: Was wäre, wenn es die Underground Railroad als solche wirklich gegeben hätte? – Eine unterirdische Eisenbahn für von den Plantagen Geflüchtete.

Die zehnteilige Miniserie, an der der Romanautor beteiligt war, erzählt die Geschichte der jungen Frau Cora, die dem Leben auf einer Baumwollplantage in Georgia entkommt. Sie findet den geheimen Zugang zum unterirdischen Zug, gerät nach South und North Carolina sowie über Tennessee nach Indiana. In den Bundesstaaten gelten unterschiedlichste Gesetze, so sind die Gefahren für eine »Entlaufene« ebenso vielfältig wie brutal. Irgendwann stellt Cora fest: »Vielleicht gibt es keine Zufluchtsorte, sondern nur Orte, vor denen man fliehen muss.« Dabei verfolgt sie der unbarmherzige Sklavenjäger Ridgeway, der den kleinen schwarzen Jungen Homer als loyalen Gehilfen an seiner Seite hat. Und schließlich ist da noch Coras Trauma, von ihrer ebenfalls geflohenen Mutter als kleines Mädchen zurückgelassen worden zu sein.

Der mit »Moonlight« zu Oscar-Ehren gekommene Barry Jenkins hat mit dieser Miniserie etwas geschaffen, das so bedrückend ist, dass man kaum zwei Folgen auf einmal schafft, wobei die Monströsität der Sklaverei durch die märchenhaften Szenen noch verstärkt wird, Geräuschen und Musik sowie Kameraführung auf eine bedrohliche Art magisch wirken. In der Serienlandschaft ein Meisterwerk.   
Uwe Stuhrberg

The Underground Railroad 10 Folgen, Amazon Prime Video
USA 2021, Regie: Barry Jenkins
Mit Thuso Mbedu, Joel Edgerton, Chase W. Dillon, Aaron Pierre