Orale Randale, gelassener Applaus

Die Eröffnung des „Monuments“ zwischen Laut und Leise

Da stehen sie nun auf dem Neumarkt. Die drei Busse. Dresden – Aleppo – Dresden. Ein hochkantiges Menetekel der Erinnerung an Krieg und Verderben vom Heute ins Gestern und zurück. Es ist genug darüber geschrieben worden, mit welcher Intention der Künstler Manaf Halbouni das Projekt geplant und umgesetzt hat. Nun geht es also an die Rezeption. (Liebe Pegis: Damit ist nicht ein Hotelempfang gemeint.) Und da konnte man sich bei der Eröffnung des Kunstwerkes am 7. Februar schon etwas kundig machen.

Hier prallten einmal mehr Dresdner Welten zusammen. In nicht zu geringer Zahl waren Menschen da, die das „Monument“, so der Titel, befürworten. Wer genau hingesehen hat, wird das bemerkt haben. Akustisch dominant war aber – natürlich – der Mob von Pegidas Gnaden, der sich per Brüllerei nicht nur die Schallhoheit verschaffte, sondern auch die geballte Medienaufmerksamkeit. War ja vorab klar, dass es genauso ablaufen wird. Und aus genau diesem Grund kann ich es mir nur schwer erklären, warum das Planungsteam der Eröffnung das Ganze angegangen ist wie eine „normale“ Ausstellungseröffnung.

Da stellt sich zunächst die Frage, warum eine Tonanlage aufgebaut wurde, die in einem Wohnzimmer eventuell für ein Konzert mit klassischer Gitarre ausgereicht hätte, aber nie und nimmer gegen das Gebrülle und Getrillere der Lutz-Gefolgschaft, das ja in dieser Dimension zu erwarten war. Zweitens: die Reden. Unter den Vorzeichen wäre es vielleicht sinnvoll gewesen, zwei oder drei ebenso kurze wie knackige Ansprachen zu halten. Das erledigte zum Schluss der Künstler selbst. Mit eindrucksvollem Selbstbewusstsein begrüßte er auch die Hasserfüllten, verurteilte aber ebenso deren Benehmen. Davor mühten sich Oberbürgermeister Dirk Hilbert und Sebastian Feydt von der Stiftung Frauenkirche ebenso um Gehör, wie auch Christiane Mennicke-Schwarz vom Kunsthaus Dresden. Ich schätze das Wirken der Letztgenannten sehr, aber das viele Seiten lange Manuskript wirkte unter der Gegebenheit, dass kaum etwas zu hören war, eher wie ein Filibuster gegen den Beharrungswillen der „Besorgten“ denn als kunsthistorische Aufklärungsarbeit. Die einen konnten nichts verstehen, die anderen wollten sowieso nicht.

Denn inzwischen gerierte sich ein Teil der Pegidisten derart hysterisch, dass selbst freundliches Ansprechen mit nur immer wiederkehrenden Hassgesichtern, Parolen und dem nicht enden wollendem Benutzen von Trillerpfeifen beantwortet wurde. Beim Brüllen nach Meinungsfreiheit, geriet der Aspekt, dass diese im selben Moment ausgeübt werden konnte, vollkommen ins Hintertreffen, wobei natürlich einmal mehr überdeutlich wurde, dass mit Meinungsfreiheit nur die eigene, niemals die der anderen gemeint war. Dass selbst ein Geistlicher niedergeschrien wurde, zeigt, wie respektlos und ohne Anstand die „Verteidiger“ der abendländischen Kultur in Wirklichkeit sind (einmal davon abgesehen, dass es niemand verdient hat, so behandelt zu werden). Ich selbst, neben einem syrischen Freund stehend, geriet sofort in den Verdacht, „dicke an der Asylindustrie zu verdienen“ (vielleicht war auch nur mein Übergewicht daran schuld).

Schon ist allerorten von der Dresdner „Schande“ zu lesen, von der „failed Stadt“. Und auch wenn die Bilder auf den ersten Blick das Schnellurteil bestätigen mögen, so ist das viel zu kurz gegriffen. „Failed“ wäre es, wenn das Kunstwerk nicht stünde, wenn die Eröffnung nicht stattgefunden hätte. In Wirklichkeit haben vielleicht 100 Dresdner oral randaliert, mindetens ebensoviele haben jeweils applaudiert, wieder andere sich weder noch geäußert. Nun kommt es darauf an, wie das „Monument“ im Alltag wirkt. Und das wird noch spannend genug.

Übrigens: Wer sich nur daran stört, dass die Busse vor der Frauenkirche stehen, kann sie auch von der anderen Seite betrachten, denn von da aus gesehen verdecken sie eine Baustelle. Und: Ein Trillerpfeifenverbot bei solchen Versammlungen sollte ausgesprochen und durchgesetzt werden, denn das grenzt an Körperverletzung und hat mit dem Kundgeben von Meinungen nichts zu tun.
Uwe Stuhrberg

Monument von Manaf Halbouni, bis zum 3. April auf dem Neumarkt